Abmahnungen wegen Redtube-Pornostreaming: Durchsuchung bei Berliner Anwalt

Die Ermittlungen wegen Zehntausender unberechtigter Porno-Abmahnungen gehen weiter. Die Staatsanwaltschaft Köln verdächtigt nun einen Anwalt, vor Gericht falsche Angaben gemacht zu haben.

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Von
  • Torsten Kleinz
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Nachdem Kölner Richter die Auskunftsersuchen der Massenabmahner allzu unkritisch durchgewunken hatten, hat die Justizposse um angeblich rechtsverletzende Porno-Streamings von Redtube nun auch ein Nachspiel für die Beteiligten. Wie bekannt wurde, hat die Kölner Staatsanwaltschaft bereits im November 2014 mehrere Objekte durchsucht – darunter auch eine Berliner Rechtsanwaltskanzlei.

Der Fall hatte Ende 2013 für Aufsehen gesorgt: Die Regensburger Anwaltskanzlei Urmann + Collegen hatte rund 36.000 Abmahnungen an Telekom-Kunden versandt, weil diese illegal Pornofilme heruntergeladen haben sollten. In dem Schreiben forderten die Anwälte neben einer Unterlassungserklärung eine Zahlung von 250 Euro. Viele der Angeschriebenen überwiesen aus Angst das Geld; 600.000 Euro sollen auf dem Konto der Abmahner gelandet sein.

Doch die Vorwürfe gegen die Empfänger der Abmahnungen erwiesen sich schnell als unhaltbar: Weder konnte nachgewiesen werden, dass das Streamen kostenlos angebotener Filme von dem Pornoportal Redtube illegal gewesen sei, noch schien die abmahnende Firma die erforderlichen Rechte an den abgemahnten Filmen zu haben. Ein ominöses Software-Gutachten einer Briefkastenfirma, auf dessen Grundlage Kölner Richter die Herausgabe der Adressen der Abgemahnten beschlossen hatten, enthielt irreführende Angaben: So war von einem Download der Filme und nicht von Streaming die Rede. Im Januar 2014 gab das Landgericht Köln Beschwerden gegen die Auskunftsersuchen statt – allerdings waren die Daten da längst geflossen.

Das Software-Gutachten und die eidesstattliche Versicherung, mit der die Anwälte die Herausgabe der Telekom-Kundendaten erreicht hatten, sind nun Gegenstand von Ermittlungen der Kölner Staatsanwaltschaft, wie die Zeitung "Die Welt" berichtet. So sei ein beteiligter Berliner Anwalt Beschuldigter in dem nun laufenden Strafverfahren.

Der Rechtsanwalt Daniel Sebastian hatte diese Auskunftsersuchen bei Gericht eingereicht, bestritt nach der Abmahnwelle aber, in einem vertraglichen Verhältnis zu dem Ermittlungsunternehmen ITGuards zu stehen, das die IP-Adressen zu Tage gefördert hat – demnach habe er die Daten nur im Auftrag der Rechteinhaber durchgereicht.

Das sieht die Kölner Staatsanwaltschaft jetzt offenbar anders. Gegenüber heise online bestätigte Staatsanwalt Daniel Vollmert das Verfahren gegen den Juristen, will sich aber nicht inhatlich äußern. "Es wurde auch bei einer Rechtsanwaltskanzlei durchsucht, allerdings nach Paragraf 103 StPO, das heißt: zeugenschaftlich", erklärte Vollmert. Erst nach der Durchsuchung sei der Anwalt vom Zeugen zum Beschuldigten geworden. Insgesamt habe die Polizei drei Objekte durchsucht. Noch hat die Staatsanwaltschaft allerdings keine Anklage erhoben.

Laut "Welt"-Bericht ging die Täuschung der Richter weiter, als nur ein irreführendes technisches Gutachten vorgelegt zu haben. So seien womöglich gefälschte Cover-Abbildungen der angeblich illegal heruntergeladenen Porno-Filme eingereicht worden – die Strichcodes auf den Packungen passten demnach nicht zu Porno Filmen, sondern stammten von einer Modemarke.

Die Chancen, das gezahlte Geld zurückzubekommen, steht für die Abgemahnten trotz der strafrechtlichen Ermittlungen schlecht. Das ist Geld nach zeitweiliger Blockade des Empfängerkontos längst in die Schweiz abgeflossen, wo auch die abmahnende Firma "The Archive" ihren offiziellen Sitz hatte. Die Wahrscheinlichkeit, dass Hintermänner im Ausland zur Rückzahlung gebracht werden können, sind gering.

Auch anderen Juristen brachte die Massenabmahnung kein Glück. Im Dezember war bekannt geworden, dass Thomas Urmann, der die Abmahnungen verschickt hatte, seine Anwaltszulassung zurückgegeben hatte – allerdings aus anderen Gründen.

(hob)