Großbritannien: Cameron will gegen Verschlüsselung vorgehen

Als Reaktion auf die Anschläge in Paris hat Großbritanniens Premier David Cameron angekündigt, die Überwachungsbefugnisse deutlich auszuweiten. Wenn er wiedergewählt werde, müsse jede Kommunikation für Geheimdienste einsehbar sein.

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Großbritannien: Cameron will gegen Verschlüsselung vorgehen

David Cameron bei der Ankündigung seiner Gesetzespläne

(Bild: Screenshot - BBC)

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Großbritanniens Premier David Cameron will den Sicherheitsbehörden seines Landes neue Befugnisse geben, die einem Verbot sicher verschlüsselter Kommunikation gleichkommen könnten. In einer Rede nach der Gedenkdemonstration in Folge der Anschläge in Paris kündigte er diese Gesetzesinitiative für den Fall seiner Wiederwahl an, berichtet The Independent. Terroristen dürften keine Möglichkeit haben, vor Überwachung geschützt miteinander zu kommunizieren. Dazu wolle er in einem neuen Anlauf ein Überwachungsgesetz durchsetzen, das als Snoopers Charter bislang von den Liberaldemokraten, dem Koalitionspartner seiner Konservativen verhindert worden war.

Das Gesetz würde einerseits die 12-monatige Vorratsdatenspeicherung festschreiben, die im Sommer 2014 innerhalb weniger Tage durch das britische Parlament gebracht wurde und bislang nur bis 2016 gilt. Telefonanbieter, aber auch Internetdienstleister sollen dann dauerhaft verpflichtet werden, ein Jahr lang vorzuhalten, wer, wann mit wem über welche Kanäle kommuniziert hat, etwa per E-Mail oder Chat. Nun erklärte Cameron es aber darüber hinaus zum Problem, dass es Kommunikationsdienste gebe, bei denen der Inhalt der Dialoge durch Verschlüsselung vor dem Zugriff von Sicherheitsbehörden geschützt sei. Das dürfe nicht möglich sein.

Wenn ein vom Innenminister persönlich unterzeichneter Überwachungsbeschluss vorliege, müsse auf Kommunikationsinhalte zugegriffen werden können. Das könnte aber einem Verbot verschlüsselnder Messaging-Dienste gleichkommen, bei denen das technisch unmöglich ist, schließt The Independent. Im Zuge der Snowden-Enthüllungen hatten Dienste, die Ende-zu-Ende verschlüsseln, immer mehr an Zulauf gewonnen und auch große Anbieter wie Google und Apple hatten angekündigt, ihren Kunden eine Kommunikation zu ermöglichen, die sie als Anbieter nicht entschlüsseln könnten. Auch Sicherheitsbehörden bleiben derart geschützte Nachrichten verschlossen.

Mit seinem nun geäußerten Wahlversprechen reagierte Cameron explizit auf die Anschläge gegen das Satiremagazin Charlie Hebdo und einen koscheren Supermarkt in Paris, die insgesamt 17 Todesopfer gefordert haben. Die allerwichtigste Aufgabe jeder Regierung sei es, den Bürgern ihres Landes Sicherheit zu gewähren, sagte er. Vergangene Woche habe sich einmal mehr das Ausmaß der Gefahr gezeigt, der man sich in Großbritannien gegenüber sehe. Gewohnt drastischer drückte es Londons Bürgermeister Boris Johnson aus – wie Cameron Mitglied der Conservative Party: "Ich interessiere mich nicht besonders für dieses ganze Grundrechtszeug, wenn es um die E-Mails und Telefonanrufe dieser Leute geht. Wenn sie eine Gefahr für unsere Gesellschaft sind, möchte ich, dass die ordentlich mitgehört werden."

Vorsichtigere Töne kamen dagegen von Ed Miliband, dem Parteivorsitzenden von Labour, dem aussichtsreichsten Konkurrenten der Konservativen in der für Mai angesetzten Parlamentswahl. Sollte er Premier werden, werde er "vorsichtig und wohlüberlegt" an die Problematik herangehen, zitiert ihn die britische Zeitung. Es müsse zwar geprüft werden, ob die Sicherheitsbehörden die nötigen Werkzeuge hätten, aber gleichermaßen sei sicherzustellen, dass die Grundrechte gewahrt bleiben: "Wir sollten unsere Freiheit verteidigen und gleichzeitig dafür sorgen, dass die Behörden die Gefahr für diese Freiheit bekämpfen könnten." (mho)