ARD-Doku mit Edward Snowden: Der Cyberkrieg hat begonnen

Der Cyberkrieg kommt nicht, er ist schon da; spätestens seit Stuxnet sind Menschenleben in Gefahr. So lautet die These einer ARD-Dokumentation zum Cyberkrieg, in der neben Stuxnet-Analyst Ralph Langner auch Edward Snowden zu Wort kommt.

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ARD-Doku mit Snowden: Der Cyberkrieg hat begonnen

Die Visualisierung des Cyberkriegs bei der ARD erinnert stark an den Strategiespiel-Klassiker "Command & Conquer".

(Bild: ARD)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Fabian A. Scherschel

Eine am gestrigen Montagabend in der ARD ausgestrahlte Dokumentation zum "Schlachtfeld Internet" schürt die Angst vor dem Cyberkrieg. IT-Sicherheitsforscher Götz Schartner, Stuxnet-Analyst Ralph Langner und NSA-Whistleblower Edward Snowden sind sich einig: "Digital sind wir schon lange im Krieg." Laut Snowden infiltriert die NSA gezielt kritische Infrastruktur; mit dabei seien Krankenhäuser, Universitäten und Internetknotenpunkte – "wenn da etwas bei schief geht, können Menschen sterben."

Beim Stuxnet-Angriff, der weithin den USA zugerechnet wird, sei zum ersten Mal mit einer "Cyber-Waffe" gezielt wirkliche Hardware beschädigt worden. Das habe, betont Ralph Langner, "die Büchse der Pandora geöffnet". Weitere Angriffe mit handfesten Auswirkungen auf die Welt außerhalb der Computer nennt der Bericht nicht. Seit dem BSI-Jahresbericht für 2014 weiß die Öffentlichkeit allerdings von mindestens einem Vorkommnis auf deutschem Boden: Der Beschädigung eines unbekannten Stahlwerkes. Aber auch bei diesen beiden schwerwiegenden Angriffen waren nach allen momentanen Erkenntnissen keine Menschenleben in Gefahr.

Trotzdem sind in Deutschland, genauso wie im Rest der Welt, Industrieanlagen viel zu schlecht abgesichert. In diesem Punkt decken sich die Berichte der in der Dokumentation herangezogenen Experten mit den Entdeckungen von c't und heise Security. Neben den verwundbaren Industrieanlagen gelang es der Redaktion schon 2013 eine Kirche fernzusteuern. Auf Schwachstellen spezialisierte Suchmaschinen spucken auch jetzt noch zehntausende Systeme aus, die aus dem Internet angegriffen werden können – zum Teil mit trivialen Mitteln, denn oft sind sie nicht mal durch Passwörter geschützt.

Momentan scheint es dennoch keine Belege zu geben, die den Sprung von der Kontrolle von Waschmaschinen einer Industrieanlage zu einem lebensgefährlichen Angriff auf den OP-Saal eines Krankenhauses rechtfertigen. Und genau diesen Sprung vollziehen die Dokumentarfilmer der ARD mehrmals. Auch für die Aussage "Deutschland ist sicherlich das begehrlichste Ziel für Hacking-Attacken in der Welt" liefert der ARD-Bericht keine belastbaren Belege.

Sicherlich ist es denkbar, dass im Kriegsfall ein Angriff mit Panzern und Artillerie von einem digitalen Angriff begleitet wird, der versucht, die Stromversorgung eines Landes lahmzulegen. In diesem Fall gehen dann allerdings Krieg und Cyberkrieg Hand in Hand.

Snowden warnt allerdings vor allem davor, dass der Stuxnet-Angriff ein Abkehr der bisherigen Risikoeinschätzung der US-Geheimdienste in Sachen digitale Angriffe bedeutet. Ein Akt, den Snowden als klare Kriegshandlung sieht, werde wissentlich auch außerhalb einer kriegerischen Auseinandersetzung in Kauf genommen. Das sei möglich, da die wahre Herkunft von Cyberangriffen schwer zu belegen sei. Was sich gerade erst wieder im Fall des Sony-Pictures-Hack bewahrheitet hat. (fab)