Datenschutz und Bahnunternehmen: Streit über Videoaufzeichnungen

Mit Videoaufzeichnungen versuchen Verkehrsbetriebe, der Kriminalität in Bussen und Bahnen Herr zu werden. Der Datenschutz in Niedersachsen will der Kamerakontrolle jetzt einen Riegel vorschieben. Wie viel Überwachung erlaubt das Gesetz?

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Datenschutz und Bahnunternehmen streiten über Videoaufzeichnungen

(Bild: Roel Hemkes, CC BY 2.0)

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Von
  • dpa

Die im Kampf gegen Kriminalität und Vandalismus im öffentlichen Nahverkehr eingesetzten Videoaufzeichnungen stehen in Niedersachsen auf dem Prüfstand der Datenschutzbehörde. Nach einem noch ungelösten Streit um Aufzeichnungen in Hannovers Stadtbahnen hat die Behörde nun Einwände gegen Kamerakontrollen der Nordwestbahn, die mit ihren Zügen außer in Niedersachsen auch in Nordrhein-Westfalen und Bremen unterwegs ist. Wie Datenschutzsprecher Michael Knaps am Montag sagte, ist eine verdachtsunabhängige Überwachung der Züge nur rechtmäßig, wenn es tatsächlich auf allen Linien rund um die Uhr Straftaten gibt. Die Nordwestbahn habe dazu Daten geliefert, die nun ausgewertet werden.

Die Region Hannover, die Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG) und der Zweckverband Braunschweig protestierten in einem Schreiben an die Behörde gegen Einschränkungen. "Wir sind in großer Sorge um die Sicherheit der Fahrgäste und des Zugpersonals", sagte LNVG-Chef Hans-Joachim Menn der Neuen Presse. In den Zügen häuften sich gewalttätige und auch sexuelle Übergriffe auf Personal und Reisende, es komme zu Graffiti-Schmierereien, Diebstählen und Drogendelikten. Die Aufzeichnungen sollten Straftaten verhindern und helfen, Täter zu identifizieren und zur Rechenschaft zu ziehen.

Die drei Träger des öffentlichen Nahverkehrs mahnten in ihrem Schreiben eine bundeseinheitliche Klärung über Umfang und Zulässigkeit der Videoüberwachung in Bahnen und Bussen an, zu der es bisher keine Rechtsprechung gebe. Der hessische Datenschutzbeauftragte etwa, der für sämtliche Regionalzüge der Deutschen Bahn zuständig sei, gehe gegen die in Niedersachsen und vielen anderen Ländern praktizierte Praxis der Videoaufzeichnung nicht vor. Wie ein Sprecher der Nordwestbahn sagte, stellen Einschränkungen bei der Videoüberwachung das ganze System infrage. Bislang habe es nur positive Reaktionen gegeben, wenn das Unternehmen neue Züge mit Videoüberwachung vorgestellt habe.

Wie der Sprecher der Datenschutzbehörde erklärte, gibt es die Möglichkeit, die Kameraüberwachung auf bestimmte Zeiten oder problematische Streckenabschnitte zu beschränken. Manche Beanstandung lasse sich leicht beheben, etwa der Umstand, dass die auf den Fahrkartenautomaten im Zug gerichtete Kamera auch den Eingang der Toilette im Visier hat, die zum geschützten Intimbereich gehört. Außerdem könnten Bereiche ohne Videoüberwachung für Reisende geschaffen werden, die diese generell ablehnen.

Keine Einwände hat der Datenschutz gegen eine Kameraüberwachung wie etwa in der Straßenbahn in Braunschweig, bei der von einer Einsatzzentrale aus die Kamerabilder live im Blick behalten werden. Gerate ein Fahrgast in Not, könne schnell jemand eingreifen. Aufzeichnungen wie bei der Nordwestbahn würden allerdings nur für 72 Stunden zur Beweissicherung gespeichert. "Sie können vor der Kamera um Hilfe schreien, aber es tut sich nichts."

Der Streit mit den Verkehrsbetrieben in Hannover, die zu einer Einschränkung der Kameraüberwachung nicht bereit sind, beschäftigt bereits das Verwaltungsgericht. In einem Mediationsverfahren will der Richter in dieser Woche versuchen, beide Seiten zu einer Lösung zu bewegen. (mho)