Netzneutralität: US-Regulierer greift durch

Jetzt ist es amtlich: Der Chef der US-Regulierungsbehörde FCC will das Internet zum Universaldienst erklären, um die Netzneutralität regulatorisch durchsetzen zu können. Die Provider rüsten schon zur Schlacht vor Gericht.

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Netzneutralität: US-Regulierer greift durch

Der FCC-Vorsitzende Tom Wheeler (Mitte) will das Internet zum Universaldienst erklären.

(Bild: FCC)

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US-Chefregulierer Tom Wheeler macht bei der Netzneutralität Ernst: In einem Gastbeitrag für das Magazin Wired kündigte der Vorsitzende der Federal Communications Commission (FCC) einen Vorschlag an, das Internet rechtlich dem Telefonnetz gleichzustellen und damit als Universaldienst unter die strikte Kontrolle seiner Behörde zu stellen. Wheeler bestätigte damit Berichte der vergangenen Tage, die FCC bereite eine Offensive für die Netzneutralität vor.

Mit der Klassifizierung des Internets als Universaldienst würde die FCC das Internet stärker regulieren können als bisher. Der erste Versuch der Behörde, den Internetanbietern Neutralitätsauflagen zu machen, war genau an diesem Punkt gescheitert: US-Gerichte hatten die FCC zurückgepfiffen, weil die Behörde keine rechtliche Grundlage für die Auflagen hatte. Mit Wheelers Vorstoß, über den die Kommission voraussichtlich in ihrer Sitzung am 26. Februar abstimmen wird, soll sich das ändern.

Netzneutralität

Netzneutralität bedeutet, dass Inhalte im Internet gleichberechtigt ihren Weg finden. Vor allem Provider und Carrier wollen aber beispielsweise für Videos extra zu bezahlende Überholspuren einbauen. Für User entstünde ohne Netzneutralität ein Zweiklassen-Internet.

Mit den von Wheeler vorgeschlagenen Auflagen, die auch für mobiles Internet und WLAN gelten sollen, wird die Beeinträchtigung oder Blockierung von rechtmäßigen Inhalten durch Provider untersagt. Um Investitionen in den Netzausbau nicht zu gefährden will Wheeler zugleich die Regeln für Universaldienste modernisieren und fürs 21. Jahrhundert fit machen. So werde es keine Tarifvorgaben oder Entbündelungsauflagen wie im Telefonnetz geben, versichert Wheeler den Internet-Providern.

Denen wird das Wheeler-Paket dennoch nicht schmecken. US-Medienberichten zufolge rüsten die großen Internetanbieter bereits zur Abwehrschlacht. Sollte die FCC das Paket beschließen und die neue Klassifizierung des Internets offiziell werden, stehen AT&T und Verizon mit ihren Anwälten bereit. Der bei AT&T für Regulierungsfragen zuständige Vice President Hank Hultquist zeigte sich wenig hoffnungsvoll, dass sich die FCC mit Argumenten von dem eingeschlagenen Weg abbringen lässt, zumal die Entscheidung politisch gewollt sei. Zuletzt hatte sich US-Präsident Barack Obama erneut für Netzneutralität ausgesprochen.

Hultquist ist der Ansicht, dass die FCC nicht das Recht hat, das Internet ohne vorherige eingehende Marktanalyse als Universaldienst zu klassifizieren, zumal das Netz eher ein "Informationsdienst" sei als ein Telekommunikationsdienst."Wenn die FCC die Umklassifizierung vor einem Berufungsgericht verteidigen muss, wird sie sich mit diesen und anderen Argumenten auseinandersetzen müssen", erklärte Hultquist.

Die Klagen der Provider haben der FCC schon einmal einen Strich durch die Rechnung gemacht: Schon im ersten Versuch hatte die FCC unter Wheeler-Vorgänger Julius Genachowski nicht geschafft, Breitband gegen den Widerstand aus der Wirtschaft zum Universaldienst zu erklären. Der danach zustande gekommene Kompromiss war rechtlich unausgegoren. Gegen daraus abgeleitete Neutralitätsauflagen der FCC hatte unter anderem Verizon geklagt und sich vor Gericht durchsetzen können. Das zuständige US-Berufungsgericht hatte die Auflagen im Januar 2014 für rechtswidrig erklärt. (vbr)