"Recht auf Vergessen": Google-Beirat fordert mehr Link-Löschungen

Monatelang haben acht Experten Vorschläge für Googles Umgang mit dem EuGH-Urteil über ein "Recht auf Vergessen" erarbeitet. In ihrem Abschlussbericht fordern sie laut der Süddeutschen Zeitung, dass Google in Zukunft öfter löscht.

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(Bild: dpa, Karl-Josef Hildenbrand)

Lesezeit: 3 Min.

Die Experten im sogenannten Lösch-Beirat von Google sprechen sich dafür aus, die Anträge auf Link-Entfernungen großzügiger zu behandeln. Das berichtet die Süddeutsche Zeitung unter Berufung auf den Berichtsentwurf, der in sechsmonatiger Arbeit erstellt worden war. Mehrheitlich begrüßen die acht Experten demnach das Urteil des Europäischen Gerichtshofs, das der Einrichtung des Gremiums und den Link-Löschungen bei Google zugrunde lag. Ausdrücklicher Protest komme lediglich von Jimmy Wales. Dem Wikipedia-Gründer gingen jegliche Löschansprüche zu weit und deshalb fordere er neue gesetzliche Reglungen, die die Meinungsfreiheit stärken würden.

"Recht auf Vergessen": Das EuGH-Urteil gegen Google

Der Europäische Gerichthshof hat im Mai 2014 entschieden, dass Suchmaschinenbetreiber Verweise auf Webseiten mit sensiblen persönlichen Daten auf Verlangen aus ihren Ergebnislisten streichen müssen. Allerdings müssen die Artikel, Dokumente oder Seiten mit den inkriminierten Informationen keineswegs aus dem Netz verschwinden, die Informationen bleiben im Netz erhalten. Die Meinungen über das Urtell sind gespalten.

Bislang seien rund 60 Prozent der mehr als 200.000 Löschanträge von Google abgewiesen worden, was dem Gremium zu viel sei. Im Zweifel solle sich Google für eine Link-Löschung entscheiden. Trotzdem hätten sie aber keine klaren Kriterien aufgestellt, die für oder gegen eine Löschung sprechen. Stattdessen würden sie dafür plädieren, den jeweiligen Antrag in seiner Gesamtheit zu bewerten. Einbezogen werden solle etwa, ob der Antragssteller die Information selbst öffentlich gemacht hatte. Außerdem sei es wichtig, wie alt die Information sei (ein hohes Alter spreche stärker für eine Löschung). Personen des öffentlichen Lebens sollen es gleichzeitig schwerer haben, auf sich bezogene Links entfernen zu lassen.

Kritik habe es an Googles Praxis gegeben, die Betreiber der betroffenen Seite darüber zu informieren, dass der Link darauf gelöscht würde. Dieser Automatismus verstoße gegen den Datenschutz und stoße den Seitenbetreiber "noch einmal mit der Nase auf die inkriminierte Information". Für strittige Fälle solle Google eine unabhängige Schlichtungsmöglichkeit einführen, um den Antragsstellern eine Klage zu ersparen. Insgesamt geht das Gremium demnach aber davon aus, dass die Anzahl der Anträge in Zukunft zurückgehen und sich dann einpendeln werde. Der "erste Ansturm" werde sich legen. Verbesserungen seien außerdem für das Antragsformular gefordert worden.

Insgesamt gehe es dem Gremium um den Gedanken eines "Rechts auf eine zweite Chance": Eine Person solle nicht ein Leben lang mit einem negativen Ereignis in Verbindung gebracht werden. Mehrheitlich haben die Experten demnach dafür plädiert, dass der Anspruch auf eine Link-Löschung nur für EU-Domains gelte, wovon etwa google.com nicht betroffen wäre. Die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sei hier anderer Meinung gewesen und habe ein abweichendes Votum vorgelegt. Wenn man die kritisierten Links auf anderen Google-Domains weiterhin finde, werde der Löschungsanspruch umgangen, meint sie. Einen derart allgemein gefassten Anspruch lehne aber Google ab.

Der im Sommer 2014 eingerichtete Lösch-Beirat sollte Google bei Fragen rund um das EuGH-Urteil beraten und bestand aus acht Personen. Neben Jimmy Wales und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, gehörte ihm unter anderem der UN-Sonderberichterstatter für Meinungsfreiheit Frank La Rue an. Hinzu kamen Juristen und Datenschützer aus mehreren europäischen Staaten. Sie hatten sich von August bis September 2014 in sieben europäischen Hauptstädten mit Experten beraten. In Berlin war die Runde von Google-Verwaltungsratschef Eric Schmidt moderiert worden, teilgenommen hatte auch David Drummond, der Justiziar des Konzerns.

[Update 05.02.2014 – 18:55 Uhr] Ursprünglich stand in der Meldung, dem Gremium würden zu viele Anträge abgelehnt. Wie aus dem Kontext hervor ging, war es anders herum. Das wurde berichtigt. (mho)