Telekom bringt Vectoring gegen die Konkurrenz in Stellung

Die Telekom will im Umfeld ihrer Hauptverteiler den VDSL-Turbo Vectoring alleine einsetzen. Tücken der Technik: Wo die Telekom Vectoring macht, sind die Wettbewerber raus – was die gar nicht gut finden.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 418 Kommentare lesen
CeBIT 2014

Mit Vectoring lässt sich die Dowload-Geschwindigkeit noch einmal deutlich steigern – aber nur auf kurze Distanz.

(Bild: dpa)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Netzbetreiber laufen Sturm gegen neue Vectoring-Pläne der Telekom: Der Bonner Konzern will im Umfeld seiner Hauptverteiler (Hvt) den VDSL-Turbo Vectoring exklusiv einsetzen. Einen entsprechenden Antrag bei der Bundesnetzagentur werde die Telekom Anfang nächster Woche einreichen, bestätigte ein Unternehmenssprecher. Für die Wettbewerber bedeutet das: Sie müssten raus aus den Vermittlungsstellen. Davon wären tausende Kunden betroffen.

Nach dem aktuellen Stand der Technik schließt der Einsatz von Vectoring das Nebeneinander mehrerer Anbieter in einem Hauptverteiler oder Kabelverzweiger aus. Beim derzeit eingesetzten Vectoring nutzt ein Anbieter das gesamte Kabelbündel, um den Störpegel der Leitungen zu reduzieren und damit die Übertragungskapazität für jede einzelne Teilnehmeranschlussleitung (TAL) zu erhöhen. Der Effekt nimmt allerdings ab einer TAL-Länge von etwa 500 Metern rapide ab.

Zwar gibt es theroretisch eine Alternative, die die parallele Nutzung durch mehrere Anbieter erlauben würde, doch wird die derzeit nicht eingesetzt: Ein unabhängiges DSM-Center, das Modems von Betreibern und Teilnehmern zentral steuern kann (kostenpflichtiger c't-Artikel "Brüderlich surfen, Spektrum-Management: DSL-Störungen und Gegenmittel). Auch die Ko-Existenz von ADSL und Vectoring ist möglich. Allerdings ist es für Wettbewerber wirtschaftlich kaum interessant, selbst nur 16 Mbit/s anzubieten, während die Telekom 100 Mbit/s vermarktet.

An den rund 8000 Hauptverteilern hatte die Telekom die Vectoring-Technik bisher abgelehnt, weil es zu Störungen kommen könne. Diese Bedenken scheinen jetzt keine Rolle mehr zu spielen: Die Telekom will im Nahbereich der Hvt mit Vectoring nun VDSL-Anschlüsse mit bis zu 100 Mbit/s anbieten. "Es geht dabei nicht um Ausbau in Ballungsgebieten, sondern gerade auch um Kommunen in ländlichen Gebieten", erläutert der Telekom-Sprecher.

So könne die Telekom "weitere 5,9 Millionen Haushalte in Deutschland mit schnellem Internet versorgen", heißt es aus Bonn. Dabei ist im nahen Umfeld der Hauptverteiler in der Regel ohnehin VDSL mit bis zu 50 Mbit/s erhältlich. Die Wettbewerber werfen der Telekom daher vor, nicht den Breitbandausbau voranbringen zu wollen, sondern "unter dem Deckmantel des Einsatzes neuer Technologie" den Wettbewerb auszuhebeln, wie VATM-Präsident Martin Witt kritisiert. Der Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) spricht von der "Re-Monopolisierung des Netzes" durch die Bonner.

Denn die Wettbewerber müssten mit ihrer Technik aus den betroffenen Bereichen abziehen und könnten selbst keine individuellen DSL-Produkte mehr anbieten. Davon seien "gerade einmal 135.000 TAL von Konkurrenten" betroffen, versucht die Telekom zu beschwichtigen. Doch die Wettbewerber müssten diese Kunden abgeben oder auf ein konfektioniertes Vorprodukt der Telekom umstellen – eine umlackierte Telekomleitung. Für den Wettbewerber ist das wirtschaftlich weniger attraktiv.

Das technische Problem, dass an jedem Kabelverzweiger immer nur ein Anbieter Vectoring betreiben kann, will die Regulierungsbehörde mit der sogenannten "Vectoring-Liste" abfedern. In dieser von der Telekom geführten Liste können Netzbetreiber ihr Interesse am Ausbau bestimmter Kabelverzweiger registrieren. Den Zuschlag soll derjenige Anbieter erhalten, der am schnellsten ausbauen will. Dieses Prinzip des "Windhund-Rennens" sehen die Wettbewerber durch den Exklusivitätswunsch der Telekom unterlaufen.

"Investitionswettbewerb und Windhundrennen gehören bislang zu der klaren Strategie der Bundesregierung und der Bundesnetzagentur", betont VATM-Chef Witt. Sein Kollege vom Breko fordert die Beteiligung der Wettbewerber ein: "Es gibt nach unserer Auffassung keinen vernünftigen Grund, die Deutsche Telekom hier einseitig zu bevorzugen", erklärt Breko-Präsident Norbert Westfal. Der Verband fordert zudem Investitionsschutz für die von den Wettbewerbern schon aufgestellte Infrastruktur. (vbr)