NSA-Skandal: Snowden-Doku "Citizenfour" mit Oscar ausgezeichnet

Bei der Oscar-Verleihung ist der Dokumentarfilm "Citizenfour" über die NSA-Enthüllungen des Edward Snowden als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet worden. Regisseurin Laura Poitras bezeichnete ihn auch als Warnung vor der Gefahr für die Demokratie.

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NSA-Skandal: Snowden-Doku Citizenfour mit Oscar ausgezeichnet

(Bild: citizenfourfilm.com)

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Laura Poitras' Dokumentarfilm "Citizenfour" über den NSA-Skandal und Edward Snowden ist in Los Angeles mit dem Oscar für den besten Dokumentarfilm ausgezeichnet worden. Nachdem der Film bereits eine Reihe renommierter anderer Auszeichnungen eingeheimst hatte, war er als großer Favorit ins Rennen gegangen. Entgegengenommen hat ihn Filmemacherin Laura Poitras selbst, die auf die Bühne unter anderem vom Enthüllungsjournalisten Glenn Greenwald und Snowdens Lebensgefährtin Lindsay Mills begleitet wurde.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

In ihrer Dankesrede wies Poitras darauf hin, dass die Enthüllungen Edward Snowdens über die massenhafte Überwachung der NSA nicht nur eine Gefahr für unsere Privatsphäre offengelegt hätten, sondern für die Demokratie selbst: "Wenn die Entscheidungen, die unser aller Leben regeln, im Geheimen getroffen werden, verlieren wir die Macht uns selbst zu kontrollieren und zu regieren." Für diese Warnung und ihren besonderen Dank an Edward Snowden für dessen Mut sowie "die anderen Whistleblower" gab es lauten Beifall vom Publikum im Dolby Theatre in Los Angeles.

Der britische Guardian, der maßgeblich an den Enthüllungen beteiligt war, zitiert auch bereits Edward Snowden. Der erklärt demnach, er sei anfangs sehr skeptisch gewesen, als Poitras ihn fragte, ob sie die Treffen filmen dürfe. Doch das entstandene Werk sei ein mutiger Film, der all die Anerkennung verdiene, die er bekommen habe. Er hoffe, die Auszeichnung bringe noch viel mehr Menschen dazu, sich den Film anzusehen und sich von dessen Botschaft inspirieren lasse: Auch einfache Menschen könnten die Welt verändern, wenn sie zusammenarbeiten.

Filmemacherin Poitras war eine der ersten Personen, an die sich Edward Snowden im Frühjahr 2013 gewandt hatte, um die NSA-Massenüberwachung durch die NSA und ihre Alliierten öffentlich zu machen. Seitdem gehört sie – neben dem Aktivisten Glenn Greenwald – zu den engsten Vertrauten von Edward Snowden. Sie filmte nicht nur das Interview in Hongkong, das Snowdens Identität enthüllte, sondern sammelte danach weiteres Material für ihren Kinofilm. In dem vom NDR und BR koproduzierten Streifen kommt neben anderen Überwachungskritikern wie dem NSA-Whistleblower William Binney in Person des damaligen NSA-Direktors Keith Alexander und der US-Geheimdienstkoordinators James Clapper auch die Gegenseite zu Wort.

Poitras sieht ihren Film als dritten Teil einer Trilogie, die sich kritisch mit den gesellschaftlichen Folgen des Antiterrorkriegs nach den Anschlägen des 11. Septembers befasst. Der vorausgehende Film "My Country, my Country" war bereits für den Oscar nominiert, "The Oath" wiederum gewann beim renommierten Sundance-Festival.

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Insgesamt ist die Hollywood-Satire "Birdman" der große Gewinner der Oscar-Nacht. Die Komödie von Regisseur Alejandro G. Iñárritu wurde als bester Film ausgezeichnet und bekam auch den Oscar für Regie, für Kamera und für Original-Drehbuch. "Birdman oder Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit" ist eine bitterböse Satire auf das Showbusiness. Erstmals seit 1999 gewann damit wieder eine Komödie den Oscar als bester Film.

Die bildgewaltige Komödie "Grand Budapest Hotel" von Wes Anderson, eine deutsche Ko-Produktion, gewann bei der 87. Oscar-Verleihung in der Nacht zu Montag auch vier Trophäen, allerdings in Nebenkategorien: für das beste Kostümdesign, das Produktionsdesign und das beste Make-up sowie die beste Filmmusik.

Drei Oscars gingen an das Musikerdrama "Whiplash" von Damien Chazelle. Der 60-jährige J.K. Simmons wurde für seine Rolle als aggressiver Musiklehrer als bester Nebendarsteller geehrt; weitere Preise gab es für die Tonmischung und den Filmschnitt.

Als bester Hauptdarsteller wurde der 33-jährige Brite Eddie Redmayne für seine Darstellung des Physikers Stephen Hawking in "Die Entdeckung der Unendlichkeit" ausgezeichnet. Die 54-jährige Amerikanerin Julianne Moore bekam den Oscar als beste Hauptdarstellerin für ihre Rolle in dem Alzheimer-Drama "Still Alice - Mein Leben ohne Gestern".

Ausgerechnet zwei Dankesreden gehörten zu den Höhepunkten dieser sonst eher durchschnittlichen Oscar-Nacht. Schauspielerin Patricia Arquette (beste Nebendarstellerin im Jugenddrama "Boyhood") nutzte ihre Rede zu einem kämpferischen Aufruf für Frauenrechte. Sänger John Legend (bester Filmsong "Glory" im Bürgerrechtsdrama "Selma") erinnerte daran, wie aktuell das Thema Rassismus ist. (mho)