Street Photography: Prozess um Fotos im öffentlichen Raum per Crowdfunding finanziert

Mit einer Geldsammlung will der Fotograf Espen Eichhöfer ein Grundsatzurteil erstreiten, damit die unsichere Rechtslage im Bereich Streetphotography "eine Eindeutigkeit bekommt". Mittlerweile hat die Kampagne ihr Ziel erreicht.

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Crowdfunding-Kampagne zur Finanzierung des Streetphotography-Prozesses erreicht Ziel

(Bild: Espen Eichhöfer)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Joerg Heidrich

Für viel Aufmerksamkeit und Verärgerung sorgt derzeit ein Bild, das es nirgendwo zu sehen gibt. Abgebildet ist eine elegant gekleidete Frau im Leopardenmantel, die mit Einkaufstüten die Straße am Berliner Bahnhof Zoo überquerte. Fotografiert wurde die Dame von Espen Eichhöfer, Mitglied der renommierten Agentur Ostkreuz. Das Problem: Eichhöfer hatte die Dame weder über das Foto informiert, noch um ihr Einverständnis zu einer Veröffentlichung des Bildes gebeten.

Als die Abgebildete ihr Konterfei später im Rahmen einer öffentlichen Ausstellung entdeckte, war sie damit nicht einverstanden und ließ sowohl den Fotografen als auch die Agentur abmahnen. Eichhöfer gab auf Basis dieser Abmahnung eine Unterlassungserklärung ab und verpflichtete sich, das Bild nicht weiter zu verwenden. Hiermit gab sich die Betroffene aber nicht zufrieden und klagte gegen beide vor dem Landgericht Berlin. Dort verlangte sie die Zahlung von mindestens 5.500 Euro als Entschädigung und Lizenzgebühr, sowie Ersatz von zweimal knapp 1.200 Euro Abmahnkosten.

Espen Eichhöfer

Mitte 2014 wies das Landgericht Berlin in seinem Urteil den Anspruch auf Zahlung von Entschädigung zurück. Es fehle bei dem Foto an einer schweren Persönlichkeitsverletzung. Weder von dem Foto selbst noch von dessen konkreter Einbettung in die Straßenszene gehe eine soziale Prangerwirkung für die Klägerin aus. Es zeige sie lediglich in einer gewöhnlichen Alltagssituation. Weiterhin habe der Fotograf mit dem Bild bislang auch noch keine Einkünfte erzielt.

Zu erstatten habe der Fotograf allerdings einen großen Teil der Abmahnkosten, da diese Schreiben grundsätzlich erforderlich waren. Die Verbreitung des Bildnisses der Klägerin stelle einen erheblichen Eingriff in ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht bzw. ihr Recht am eigenen Bild dar, auch wenn diese Beeinträchtigung für die Zuerkennung einer Geldentschädigung nicht ausreiche. So sei die Klägerin über mehrere Wochen hinweg gegen ihren Willen auf einer viel befahrenen Straße überlebensgroß auf einem Plakat der Öffentlichkeit präsentiert und so aus ihrer Anonymität herausgerissen worden. Das Recht der Klägerin, nicht für die Ausstellung der Beklagten herhalten zu müssen, überwiege daher das Recht auf Kunstfreiheit.

In diesem Urteil sieht Eichhöfer eine erhebliche Einschränkung seiner beruflichen und künstlerischen Tätigkeit. Er wolle nun ein Grundsatzurteil erstreiten, "damit die unsichere Rechtslage für alle Künstler eine Eindeutigkeit bekommt". Er sei bereit, durch alle gerichtlichen Instanzen zu gehen, um hierfür ein verbindliches Urteil zu erlangen. Um dieses Ziel zu erreichen, rief der Fotograf zu einem Crowdfunding-Projekt zur Finanzierung des Prozesses auf. Das angestrebte Ziel von 14.000 Euro wurde inzwischen mit über 17.500 Euro deutlich überschritten. Nächster Schritt ist nun der Gang zum Kammergericht Berlin als nächster Instanz, was von beiden Parteien angestrengt wurde. Es darf allerdings bezweifelt werden, dass ein Prozess genügt, um die in der Tat komplizierte Gesetzeslage bei Streetphotography dauerhaft zu vereinfachen.

Diese wurde jüngst sogar durch die Neugestaltung des Paragrafen 201a des Strafgesetzbuchs (StGB) verschärft, der die "Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen" regelt. Danach wird zukünftig mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer unbefugt Fotos oder Filme herstellt oder überträgt, welche "die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau" stellen und dadurch "den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt". Diese Vorschrift dürfte zum Beispiel die typischen Partybilder erfassen, aber möglicherweis auch Motive aus dem Bereich der Straßenfotografie. Anders als bisher ist nun bereits das Fertigen eines solchen Fotos strafbar. (keh)