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Greenwald: "Eine schlimmere Welt ist doch gar nicht vorstellbar"

Als Special Guest der CeBIT-Konferenzreihe waren Edward Snowden und Glenn Greenwald angekündigt. In ihrem Vortrag warnten sie erneut vor den Gefahren, die die Massenüberwachung für die Demokratie bedeute. Außerdem ging es um Snowdens Schicksal.

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Greenwald auf der CeBIT: "Eine schlimmere Welt ist doch gar nicht vorstellbar"

Gleen Greenwald mit Moderator Brent Goff und Edward Snowden (v.l.n.r.)

(Bild: heise online)

Lesezeit: 3 Min.

Bei ihrem Auftritt auf der CeBIT haben Glenn Greenwald und der per Google Hangout zugeschaltete Edward Snowden ihren Vorwurf erneuert, dass die umfangreiche Massenüberwachung westlicher Geheimdienste eine Gefahr für die Demokratie ist. Anders als vielfach behauptet hätten sie mit der Veröffentlichung der NSA-Dokumente die Welt nicht schlimmer gemacht. "Es ist doch gar nicht möglich, sich eine schlimmere Welt vorzustellen," meinte etwa Greenwald.

Jetzt wo die Bevölkerung so viel mehr über die Geheimdienste wüsste, könne sie sich auch viel besser schützen. Und Snowden, der das öffentlich gemacht habe, verdiene Asyl in einem der Länder, die am meisten davon profitieren, ergänzte er und brachte erneut Deutschland ins Spiel.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Das mögliche Asyl für Snowden war dann auch ein immer wieder kehrendes Thema der Veranstaltung. So berichtete Greenwald, wie sich vor wenigen Tagen der deutsche Vizekanzler Sigmar Gabriel beschwert habe, dass jemand wie Snowden nur bei einem Präsidenten wie Wladimir Putin Zuflucht finden könne. Auf den Hinweis, dass er das doch leicht ändern könne, habe er nur ausweichend geantwortet und auf die möglichen Konsequenzen für die Bundesrepublik verwiesen.

Das bezeichnete Edward Snowden dann als drastisch übertrieben. Deutschland als wichtigstes Land der Europäischen Union sei doch viel zu wichtig für die Vereinigten Staaten, um über solch eine Angelegenheit eine wirkliche Verschlechterung der Beziehungen zu riskieren.

Gleich zu Beginn hatte Greenwald auch Stellung genommen zu Kritik, er als "Gatekeeper" der Snowden-Dokumente habe eine zu große Macht darüber. Immerhin entscheide er alleine darüber, welche Dokumente an die Öffentlichkeit gelangten und wann. Das stimme nicht, widersprach Greenwald. Er als Journalist sei verpflichtet, verantwortungsvoll mit seiner Rolle umzugehen, aber freigeben könnten die Dokumente etwa auch Regierungen, Gerichte oder Parlamentarier. Journalisten seien nicht alleine in dieser Rolle, vielleicht nur die letzten in dieser Reihe. Wegen dieser Verantwortung werde und könne er die Dokumente auch nicht einfach alle freigeben.

Der gegen ihn persönlich erhobene Vorwurf, er sei mehr Aktivist als Journalist, gehe in die falsche Richtung erklärte er. Das Leitbild eines möglichst neutralen, objektiven Reporters sei ein vergleichsweise neues, das vor allem Medienunternehmen dazu diene, Konflikte etwa mit Regierungen zu vermeiden. Früher seien die Druckerpressen explizit dazu angeworfen worden, um Regierungen anzugreifen und den Herrschenden auf die Finger zu schauen.

Greenwald äußerte sich zu Kritik an seinem Selbstbild als Journalist.

(Bild: Screenshot)

Snowden, der erneut darauf verwies, in den USA kein faires Verfahren zu erwarten, rief die Besucher der CeBIT dazu auf, sich ihrer Macht bewusst zu sein. Sie müssten Produkte entwickeln, die die Sicherheit ihrer Benutzer in den Mittelpunkt stellten. Wenn etwa 30 Prozent der US-Bürger erklärten, sie hätten wegen der Überwachung persönliche Konsequenzen gezogen, dann seien das Millionen Menschen. Da gebe es ein immenses Potenzial, das sich auch geschäftlich lohne. Ganz zu schweigen vom moralischen Wert einer Entscheidung für den sicherheitsbewussten Bürger. (mho)