Keylogger: taz verschlüsselt nach Ausspähverdacht interne Kommunikation

Ein Mitarbeiter der Tageszeitung ("taz") soll Daten von Computern der Redaktion abgeschöpft haben. Gegen ihn wird nun ermittelt. Die Zeitung hat Konsequenzen daraus gezogen. Welche, das erläuterte sie nun bei einer Podiumsdiskussion.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 57 Kommentare lesen
taz verschlüsselt nach Ausspähverdacht interne Kommunikation

Einer der bei der taz gefundenen Keylogger

(Bild: taz)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • dpa

Gut drei Wochen nach dem Auffliegen eines mutmaßlichen Spähangriffs auf die tageszeitung ("taz") hat das Blatt erste Konsequenzen gezogen. Die Redaktion sei teilweise auf verschlüsselte Kommunikation umgestiegen, und es gebe für Ressortleiter Schulungen in Sicherheitsfragen, sagte die Chefredakteurin Ines Pohl am Donnerstagabend in Berlin. Der Vorfall habe gezeigt, dass es "verdammt leicht" sei, Zugang zu Daten zu bekommen. "Das verändert etwas am Gefühl." Die Redaktion der taz sei extrem offen.

Der stellvertretende Chefredakteur der Tageszeitung Die Welt, Ulf Poschardt, warnte davor, die Offenheit in Redaktionen als Reaktion auf den Fall aufzugeben. "Das wäre fatal", unterstrich er bei einer Diskussion bei der taz. Er könne nicht mit einer Paranoia leben, von Kollegen ausgespäht zu werden. "Dann werde ich aufhören." Die Welt habe keine Konsequenzen gezogen. Die Sicherheitsvorkehrungen seien sehr hoch. "Richtige Sicherheit kann es nicht geben", betonte Poschardt. Er präzisierte später, damit sei "absolute" Sicherheit gemeint.

Nach dem Ausspähverdacht war Strafanzeige gegen einen langjährigen Mitarbeiter gestellt und ihm daraufhin gekündigt worden. Das Ermittlungsverfahren läuft. Laut der taz-Chefredaktion war er dabei beobachtet worden, wie er einen sogenannten Keylogger aus dem USB-Slot eines Redaktionscomputers abgezogen hat. Per Keylogger werden Eingaben eines Benutzers am Computer protokolliert, darunter auch Passwörter. "Der Fall hat uns schwer erschüttert", betonte Pohl. Die USB-Zugänge an den Rechner der Redaktion seien aber nach wie vor offen.

Nach Ansicht von Lutz Tillmanns, Geschäftsführer des Presserats, "ist es ein No-Go, wenn sich Journalisten gegenseitig bespitzeln". Er verwies auf den Pressekodex, wonach unlautere Methoden bei der Recherche verboten seien. Pohl gab zu bedenken: "Die Diskussion darf nun nicht auf der Hardware-Ebene geführt werden." Es müsse sich angesichts der digitalisierten Welt etwas am Bewusstsein ändern. "Wir müssen uns darauf einstellen, dass Informationen, die uns anvertraut werden, von anderen auch unerlaubt abgeschöpft werden können."

Nach dem Bekanntwerden des Falls hatte es in der Branche viel Kritik an den mutmaßlichen Ausspähungen des taz-Journalisten gegeben. Der Hamburger Medienwissenschaftler Volker Lilienthal verwies darauf, dass die Enthüllungen von Edward Snowden beim US-Geheimdienst NSA bei deutschen Journalisten auf Zustimmung gestoßen seien: Wenn die gleichen Praktiken eines Journalisten in einer Zeitungsredaktion angewandt würden, "ist das im Grunde das Verhalten der NSA. Und das ist für mich die Krise der Glaubwürdigkeit. Das ist Wasser auf die Mühlen der Leute, die von Lügenpresse faseln, weil sie sagen können, ihr seid doch nicht besser als die NSA." (axk)