ICANN will IANA dauerhaft betreiben

Der Streit war absehbar: Die regionalen IP-Adressverwalter und die IETF wollen Kündigungsklauseln in den Verträgen über die IANA-Dienste. Die ICANN will dagegen die künftige IANA gerne als Tochterunternehmen und dauerhaft betreiben.

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ICANN will IANA dauerhaft betreiben

Die fünf regionalen Vergabestellen für IP-Adressen

(Bild: nro.net)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Ermert

"Verteilte Stabilität", haben die fünf regionalen Vergabestellen für IP-Adressen (Regional Internet Registries) nach einem Treffen am Wochenende in London als zentrales Kriterium für die Reform der Namen- und Nummernverwaltung Internet Assigned Numbers Authority (IANA) ausgegeben. Keine Einzelorganisation und keine einzelne Jurisdiktion könne garantieren, dass das Netz global funktioniert.

Die knappe Erklärung kann auch als Mahnung an die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) verstanden werden Die will das Herzstück des Infrastrukturbetriebs im Netz, die IANA, gerne ganz an sich ziehen und hat dazu jüngst vorgeschlagen, die IANA als ICANN-Tochterunternehmen zu betreiben. Eine Übersiedlung der IANA auf nicht-amerikanischen Boden würde die USA ohnehin nicht zulassen, menetekelten ICANN-Vertreter laut den IP-Adressverwaltern.

Bereits Ende vergangener Woche schlug ICANN-Experte Milton Mueller Alarm, weil die ICANN-Spitze sich hartnäckig weigert, einzelne IANA-Funktionen neu auszuschreiben. Mit einer Kündigungsklausel wollen die RIRs sich gegen eine übermächtige ICANN absichern.

Seitdem die US-Regierung vor gut einem Jahr angekündigt hat, ihre Aufsicht über die IANA und damit den Betrieb der Rootzone, aufzugeben, wird am Modell der künftigen selbstverwalteten Netzaufsicht gearbeitet. Die IANA ist nicht nur für die zentrale Rootzone aller Domains zuständig und damit Dienstleister der ICANN. Sie teilt auch den regionalen Internet Registries (RIRs) zentral IPv4- und IPv6-Blöcke zu und führt für die Internet Engineering Task Force (IETF) eine Datenbank mit den Nummern von Protokollen fürs Netz.

Mit der Ankündigung der US National Telecommunications and Information Administration (NTIA), dass sie sich als Vertragsgeber für die IANA und als Kontrollinstanz über Änderungen in der Rootzone zurückziehe, erhob sich die Frage, wer künftig dem IANA-Betreiber auf die Finger schaut. Eine zwischenstaatliche Nachfolgeregelung schlossen die US-Beamten von vornherein aus. Eine globale Selbstverwaltung ist aber auch nicht so einfach zu realisieren, wie der heraufziehende Streit zwischen RIRs, IETF und der ICANN zeigen.

Die Vertreter der regionalen IP-Adressvergabestellen (RIRs) und die Internet Engineering Task Force (IETF) haben in ihre Entwürfe zur IANA-Reform und in gerade verhandelte Service Level Agreements (SLAs) hineingeschrieben, dass es für die sie betreffenden IANA-Registries (IP-Adressen, Protokollnummern) grundsätzlich die Möglichkeit zur Neuausschreibung geben soll. Doch genau das gefällt den Vertetern des hauptamtlichen ICANN-Büros nicht, wie Bill Woodcock von der US-amerikanischen IP-Adressvergabestelle (ARIN) auf deren Treffen Mitte April resümierte. Die ICANN habe in den Verhandlungen klar zu verstehen gegeben,dass jeder Vorschlag zurückgewiesen werde, in dem sie nicht als einheitlicher und einziger Vertragsnehmer für alle IANA-Funktionen – also Domains, IP-Adressen und Protokollnummern – festgeschrieben werde. Die ICANN-Spitze will auch keine aufgespaltenen Funktionen, bei der die RIRs entscheiden, die IP-Adressvergabe anderswo erledigen zu lassen, während Protokollnummern und Domains bei der ICANN-IANA blieben.

Ähnliche Schwierigkeiten in ihren Verhandlungen mit der ICANN meldeten auch die Spitzen der IETF. Zwar sind die SLA-Verhandlungen unabhängig vom IANA-Reform-Prozess, versicherte Andrew Sullivan, frisch gebackener Chef des Internet Architecture Board. Trotzdem zeigen die Unstimmigkeiten, dass das ICANN-Management alles daran setzt, die IANA an sich zu ziehen. (anw)