Bitumen aus Mikroalgen

Französische Forscher wollen das bislang aus Erdöl gewonnene Baumaterial künftig von speziell gezüchteten Organismen produzieren lassen.

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Französische Forscher wollen das bislang aus Erdöl gewonnene Baumaterial künftig von speziell gezüchteten Organismen produzieren lassen.

Im Hoch- und Tiefbau ist Bitumen ein universell einsetzbarer Stoff: Das zähflüssige Baumaterial dient unter anderem zur Abdichtung oder als Kleber bei Gebäuden. Flachdächer sind mit Bitumenbahnen überzogen. Bei der Herstellung von Verkehrswegen dient Bitumen wiederum als wichtiger Bestandteil des Asphalts. Nachhaltig ist die Produktion des Universalhilfsmittels allerdings nicht: Normalerweise wird das Baumaterial bei der Vakuumdestillation aus Erdöl mit hohem Schwefelanteil (Heavy Oil) gewonnen.

Ein Forschungsprojekt, an dem das französische Zentrum für wissenschaftliche Forschung (CNRS), die Universität Nantes und die Firma Algo Source Technologies beteiligt sind, möchte Bitumen nun aus Algen herstellen, um den Stoff umweltfreundlicher zu machen – und die Herstellung auf längere Sicht von der Ölindustrie zu entkoppeln.

So kommt der Biobitumen aus der Produktionsmaschine.

(Bild: Algoroute)

Ausgangspunkt der Produktion des neuartigen Bio-Bitumens ist die Mikroalge Scenedesmus sp., die bislang vor allem in der Kosmetikindustrie zum Einsatz kommt. Dort interessiert man sich für die aus der Grünalge extrahierbaren Eiweiße, ein ebenfalls anfallendes Nebenprodukt, das interessante stoffliche Eigenschaften hat, wurde bislang aber schlicht weggeworfen.

Das Forscherteam stellte fest, das sich mittels Druck und Wasserbeigabe – die sogenannte hydrothermale Verflüssigung – daraus ein Bitumen-artiges Material herstellen lässt. Dieses hat zwar andere Inhaltsstoffe als sein Bruder aus Erdöl, doch teilt es mit ihm die meisten Eigenschaften, die man für den Straßenbau und die Asphaltierung benötigt. "Grüne Straßen" wären so denkbar, bei denen der Bio-Bitumen die Binderfunktion übernimmt.

Algenzucht im Labor.

(Bild: Algoroute)

So lässt sich das Bio-Bitumen bei 100 Grad in flüssiger Form verarbeiten, ist zwischen minus 20 und plus 60 Grad sowohl zähflüssig als auch elastisch, was das Asphaltgranulat zusammenhält, und auch die Belastung durch Straßenverkehr hält der Stoff aus.

"Obwohl die chemische Zusammensetzung des erzeugen Materials sich vollkommen von einem Erdöl-basierten Bitumen unterscheidet, haben wir ähnliche viskoelastische Eigenschaften festgestellt – je nachdem, wie die experimentellen hydrothermalen Verflüssigungsbedingungen aussahen", so die Forscher.

Das zähe Endprodukt.

(Bild: Algoroute)

Als nächstes soll geprüft werden, wie sich der Stoff mit einem ausreichend hohen Wirkungsgrad extrahieren lässt. Momentan erreicht man hier bislang nur 55 Prozent eines wasserunlöslichen Stoffes, was für eine wirtschaftliche Produktion noch zu wünschen übrig lässt. 22 Prozent waren organische und anorganische Reststoffe.

Bei Algo Source Technologies forscht man unterdessen auch noch an anderen Verwendungsmöglichkeiten für Mikroalgen, die allesamt dazu dienen sollen, die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu reduzieren und den CO2-Ausstoß zu verringern. Dazu hat die Firma neuartige Bio-Raffinerien entwickelt, die sich für industrielle Anwendungen eignen. (bsc)