BND-Skandal: Auswärtiges Amt gibt sich ahnungslos

Ausgerechnet das Auswärtige Amt dürfte von den Spähattacken des BND im Auftrag der NSA besonders betroffen gewesen sein. An Aufklärung scheint es jedoch kaum interessiert. Der Außenminister ist auf Tauchstation und sein Ministerium mauert.

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BND-Affäre: Auswärtiges Amt gibt sich ahnungslos

(Bild: photothek / Auswärtiges Amt)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Tim Gerber

Unter den offenbar vom US-Geheimdienst NSA zur Abschöpfung der elektronischen Kommunikation mit Hilfe des Bundesnachrichtendienstes (BND) verwendeten Begriffe hat einer besondere Brisanz: Denn über die Domain "diplo.de" wickelt das Auswärtige Amt den gesamten E-Mail-Verkehr mit seinen an die 200 Auslandsvertretungen ab. Alternativ funktioniert zwar auch die offizielle Adresse "auswaertiges-amt.de" als Mail-Endung für die elektronische Dienstpost der Diplomaten. Aber weil die so lang ist, erfreut sich die Kurzform unter den Mitarbeitern des Auswärtigen Dienstes deutlich höherer Beliebtheit. Und ausgerechnet das Kürzel "diplo" gehörte offenbar zu den brisanten Selektoren der NSA für die Abschöpfung der vom BND gesammelten Informationen.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Auskunft dazu, ob es nach der Entdeckung dieses Suchbegriffes in den NSA-Abfragen durch einen BND-Mitarbeiter von offizieller Seite über die mögliche Ausspähung unterrichtet worden ist, mochte das Außenamt nicht erteilen. Auf Anfrage von heise online war lediglich zu erfahren, man halte sich hinsichtlich der IT-Sicherheit an die Vorgaben des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Ansonsten geben sich die Diplomaten eher ahnungslos.

Über die Domain diplo.de betreibt das Auswärtige Amt auch sein Terminvergabe-System für die weltweiten Visastellen. Die Daten von etwa 2 Millionen Antragstellern, die jedes Jahr an deutschen Konsulaten ein Schengen-Visum oder auch längerfristige Aufenthalte beantragen, werden über dieses unter der Bezeichnung RK-Termin derzeit in Version 1.2.10_0 laufende System erfasst. Darüber könnte die NSA persönliche Daten wie Namen, Passnummern, Geburtsdaten und Reisetermine von Millionen Deutschland-Reisenden ausgespäht haben.

Doch solche "Einzelheiten" könne das Auswärtige Amt nicht mitteilen, hieß es dazu auf Nachfrage von heise online aus dem Hause von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Der Minister selbst geht in der Affäre ohnehin lieber auf Tauchstation. Während der Bundestag am heutigen Mittwochnachmittag auf Antrag der Regierungsfraktionen eine aktuelle Stunde zum BND-Skandal abhält, lässt er sich von seinem Staatsminister Michael Roth (SPD) vertreten. Welche Amtsgeschäfte ihn abhalten, war von der Pressestelle bis zur Stunde nicht in Erfahrung zu bringen. (tig)