Quell ewiger Jugend?

Der Axolotl gilt als das älteste Labortier in der Wissenschaftsgeschichte. Dabei bleibt der mexikanische Schwanzlurch doch sein Leben lang jung.

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Der Axolotl gilt als das älteste Labortier in der Wissenschaftsgeschichte. Dabei bleibt der mexikanische Schwanzlurch doch sein Leben lang jung.

"Am flachen, breiten Kopf findet man beidseitig jeweils drei äußere Kiemenäste und dahinterliegend mit Knorpelzähnen besetzte Kiemenspalten. Das breite Maul ist unterständig, die Schnauze ist abgerundet und die kleinen lidlosen Augen stehen weit auseinander." Was bei Wikipedia recht unbeholfen klingt, sieht am Tier betrachtet eigentlich putzig aus. Auf den kurzen Ärmchen gleitet der Axolotl munter auf dem Gewässergrund. Die farbigen Kiemenäste stehen wie Punkstacheln vom Kopf ab. Aber nicht nur für Freunde der Aquaristik ist Ambystoma mexicanum interessant. Abgesehen von seinem Äußeren hat der Axolotl einige Eigenschaften, die auch für die Forschung spannend sind. So spannend, dass das im Wasser lebende Tier bereits seit 1864 in Laboren heimisch ist. Wissenschaftler der Universitäten Regensburg und Jena haben sich deshalb im Journal of Experimental Zoology mit der 150-jährigen Geschichte der Axolotl-Forschung beschäftigt. Sie bezeichnen es als das älteste Labortier der Welt.

Diese – auch zweifelhafte – Ehre hat der mexikanische Schwanzlurch vor allem seinen besonderen Eigenschaften zu verdanken. Herausragend ist wohl, dass der Axolotl sein Leben lang im Larvenstadium bleibt. Er lebt damit den Traum der ewigen Jugend. "Schuld" ist ein Schilddrüsendefekt, der die Metamorphose zum Erwachsenwerden verhindert – dennoch wird er geschlechtsreif und bis zu 25 Jahre alt. Richtigerweise muss man aber sagen, dass manche Tiere doch das Larvenstadium hinter sich lassen und an Land leben. Das trifft aber nur auf einen Bruchteil zu, die meisten sind im Wasser Zuhause.

Nicht nur aufgrund ihrer Neotenie können Forscher beständig von ihrem Liebling Axolotl lernen. Ihre Eigenschaft, Körperteile und Organe erneuern zu können, fasziniert ebenso. Sogar Teile des Gehirn lässt das Axolotl einfach wieder wachsen, wenn sie beschädigt werden. Die Neubildungen funktionieren dabei wie ihre Vorgänger. Wissenschaftler reizt aufgrund dieser regenerativen Fähigkeit der Blick in das genetische Programm des Axolotl.

Der Naturforscher Alexander von Humboldt ahnte sicherlich, welchen Exoten er 1804 erstmals aus Mexiko nach Europa brachte. Im Pariser Naturkundemuseum galt der Axolotl schnell als Kuriosität. Von Paris aus wurde er dann zum Inbegriff für das Labortier der modernen Zoologie. Alle heute lebenden Forschungstiere sind Nachfahren der 34 damals nach Paris importierten Axolotl.

In freier Wildbahn ist es um den Jungspund hingegen eher schlecht bestellt. Im bisher einzigen bekannten Lebensraums im Seensystem südlich von Mexiko-Stadt gibt es nur noch wenige Exemplare. Der Grund ist auch bei einem so außergewöhnlichen Tier banal und folgenschwer zugleich: Verschmutzung des Wassers durch städtisches Abwasser und Pestizide von den Feldern. Bei solchen Umweltbelastungen nützt leider auch das längste Larvenstadium nichts. Doch an dieser Stelle können Wissenschaftler ihre Chance nutzen und die Erkenntnisse aus ihren Laboren für die Rettung des Axolotl einsetzen. (jle)