Themenmolekül: War die Zukunft nicht wundervoll?

Glasers gesammelte Linkwolke aus der Welt der Wissenschaft und Technologie. Diesmal unter anderem mit den gestrigen Versionen der Transportsysteme von morgen, einem Online-Klassiker der NASA und einem umschwärmten Roboter.

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Von
  • Peter Glaser

Glasers gesammelte Linkwolke aus der Welt der Wissenschaft und Technologie. Diesmal unter anderem mit den gestrigen Versionen der Transportsysteme von morgen, einem Online-Klassiker der NASA und einem umschwärmten Roboter.

Auf meinen Expeditionen durch das Netz finde ich immer wieder bemerkenswerte Informations-Atome, die sich im Lauf der Zeit zu Themenmolekülen verbinden. Gelegentlich möchte ich an dieser Stelle solche Link-Gravitationswolken aus der Welt der fröhlichen Wissenschaft und Technologie vorlegen.

Wieder einmal blicken wir beherzt nach hinten – in eine Zukunft, wie sie mal werden sollte, sich dann aber doch nicht recht durchzusetzen vermochte. Unserer Gegenwart noch am nächsten ist dieser Entwurf eines spiralisierten Drive-in-Hotels, wie der Zeichner Arthur C. Radebaugh es sich 1948 ausmalte. Es zeigt sich als etwas wie eine Mischung aus den beiden 1964 erbauten, maiskolbenförmigen Wohntürmen der Marina City in Chicago (deren unterste 19 Stockwerke ein spiralförmiges Parkhaus bilden), und dem 1999 eröffneten Burj al Arab in Dubai (das am Strand gelegen und mit Mast-Pfeiler und Hubschrauberlandeplattform versehen ist).

Ein weiterer visionärer Illustrator, der Franzose Michel Siméon, hat sich an der möglichen Weiterentwicklung des Individualverkehrs versucht, die bei ihm die Gestalt schwebender Ein- und Zweisitzer-Glasblasen annimmt, die den von Transportröhren durchdrungenen Großstadtraum wie eine sonderbare Verbindung aus Riesenmaschine und Vergnügungspark erscheinen lassen. Die spurlos sauber schwebenden Gefährte, ohne jedes Auspuffgas oder Rückstoßwölkchen, erinnern an die traditionelle Neigung, bei derartig verheißungsvollen Bildern Dinge, die stören, unter den Tisch fallen zu lassen. Wir erinnern uns zum Beispiel an die Frühzeit der PC-Revolution, in der auf Reklamefotos elegante Computerbildschirme und Tastaturen stets ohne Kabel zu sehen waren.

Hier noch eine zeitgemäße Version des damals ungemein beliebten Schwebefahrzeugs – ein Inbild der Leichtigkeit, mit der Transport im Allgemeinen hinkünftig vonstatten gehen sollte: radlose Heckflossen-Autos, die über eine fast nur noch aus Fahrbahnen bestehende Welt hinwegeilen, überflogen von Privat-Ufos und Autobushelikoptern.

Wir halten inne und blicken auf zum Firmament. Ein Online-Klassiker hilft uns dabei: APOD (Astronomical Picture of the Day) ist ein Service der NASA, der jeden Tag ein neues Foto aus den faszinierenden Weiten des Universums – und manchmal auch: der Erde – präsentiert, flankiert von einer kurzen Erläuterung, verfaßt von einem professionellen Astronomen. In ein paar Tagen feiert die Website, die am 16. Juni 1995 ans Netz ging, ihr 20-jähriges Jubiläum (was vielleicht auch das Design der Seite erklärt, das doch sehr an die Neunzigerjahre erinnert). Das Archiv gibt Zugriff auf alle Bilder aus den letzten zwei Jahrzehnten.

Und vorwärts geht es wieder nach hinten: Ein an der Knuffigkeit der Rakete in die Fünfzigerjahre datierbares Comicheft Santa Takes a Trip to Mars verdeutlichte den Konkurrenzdruck, dem sogar der Weihnachtsmann angesichts der rasenden Fortschritte in der Raumfahrttechnik unterlag. Zugleich wurde zwanglos die Ausweitung der freien Marktwirtschaft in den Kosmos vermittelt: der Markt für Weihnachtsbäume würde gleich um einen ganzen Planeten erweitert. 1960 auf dem Umschlag des Groschenromans The Tomorrow People hatte die Sache schon erwachsenere Aspekte: "Er kam zurück vom Mars – mit einem Geheimnis, das zu schrecklich war, um darüber zu sprechen."

Wer bei solchen vertrackten Problemen helfen sollte, war auch klar: Roboter. Der Kreis schließt sich, wir sind wieder in Chicago. Auf einer Automobilmesse, um genau zu sein. Hier steht Freddie Ford, von hübschen Mädchen umschwärmt, Frage und Antwort. War die Zukunft nicht wundervoll, auch wenn sie nie eingetroffen ist? (bsc)