"iTunes des Journalismus": Blendle verkauft einzelne Zeitungsartikel nun auch in Deutschland

Knapp ein Jahr nach der erfolgreichen Einführung in den Niederlanden kommt Blendle nun nach Deutschland. Das Startup bietet einzelne Artikel deutscher Tageszeitungen und Magazine online zum Verkauf. Ein Rückgaberecht fördere dabei die Qualität.

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"iTunes des Journalismus'": Blendle bringt Einzelverkauf von Zeitungsartikeln

Die Titel sind lesbar, die Artikel erst nach Bezahlung.

(Bild: Blendle)

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Das niederländische Medien-Startup Blendle bringt den Einzelverkauf von Zeitungsartikeln nun nach Deutschland. Das Unternehmen wurde 2013 gegründet und hat nach eigenen Angaben bereits mehr als 300.000 Nutzer in den Niederlanden. Zur Einführung in Deutschland sind 35 Zeitungen und Magazine dabei, der Einstieg der Frankfurter Allgemeinen Zeitung stehe außerdem kurz bevor, verkündet Blendle. Artikel gibt es demnach unter anderem von der Süddeutschen Zeitung, der Zeit, dem Spiegel und dem Stern, aber auch Regionalzeitungen wie der Thüringer Allgemeinen. Dazu kommen Magazine wie 11Freunde und Cicero.

Blendle öffnete Ende April 2014 in den Niederlanden seine Tore und zog rasch viel Aufmerksamkeit auf sich. Im Oktober investierten der Medienkonzern Axel Springer und die New York Times gemeinsam 3 Millionen Euro in das Unternehmen. Springer-CEO Mathias Döpfner hatte dazu erklärt, "Blendle hat das Potenzial, junge und internetaffine Nutzer anzuziehen".

Mobil lesen geht auch.

(Bild: Blendle)

Kunden des Dienstes können mit einem Webbrowser in den Zeitungen Seite für Seite blättern, lesbar sind jedoch lediglich die Überschriften. Wollen sie den gesamten Artikel einsehen, werden sie zur Kasse gebeten, dank hinterlegter Bezahldaten sei das unkompliziert. Die Preise werden laut Blendle von den Verlagen festgelegt und liegen im Cent-Bereich. So verlange etwa die gerade unter Vertrag genommen New York Times pro Artikel 19 Cent. Wer mit einem Artikel unzufrieden ist, bekommt sein Geld zurück, erklärte Mitgründer und Blendle-Chef Marten Blankesteijn der dpa. Damit erhielten auch die Verlage ein deutliches Feedback. Derzeit lässt sich das Angebot nur in einem offenen Beta-Test ausprobieren, bis Ende Juli soll es dann aber ganz geöffnet werden.

Zusätzlich zu dem Zugriff auf die einzelnen Titel bekommen Nutzer aber auch zu sehen, welche Artikel gegenwärtig besonders beliebt sind. Extra gelistet werden außerdem die Artikel, die Freunde beziehungsweise sogenannte Kuratoren geteilt haben. Das können laut Blendle Prominente, Politiker oder Journalisten sein. Insgesamt sei zu sehen, dass Nutzer durch das Angebot Geschichten entdecken, die sie auf andere Weise unter Umständen nicht gefunden hätten. So werde in den Niederlanden etwa beobachtet, "dass Männer Artikel aus Frauenzeitschriften kaufen".

Als Konkurrenz für Abonnements sieht Blendle das eigene Angebot nicht. Auch die niederländische Tageszeitung De Volkskrant hat laut dessen Chefredakteur Philippe Remarque keine solchen Erfahrungen gemacht. Stattdessen könne mit dem Angebot für Abos geworben werden. Das Startup selbst sieht sich als Ergänzung bestehender Angebote: Vor allem für jene Leser, die nicht Fan einer bestimmten Marke sind, aber trotzdem für Artikel bezahlen wollen. Eine Flatrate ähnlich der von Spotify sei auch vorstellbar, da seien aber die großen Verlagshäuser dagegen. Technisch sei so etwas aber jederzeit nachrüstbar.

Das Rückerstattungssystem bezeichnet Blendle selbst als "Fair-Use-Politik". Wie genau dagegen vorgegangen wird, dass das System übermäßig ausgenutzt werden könnte, teilt das Unternehmen nicht mit. Es erklärt aber, dass die Rückerstattungsrate in den Niederlanden bei rund 5 Prozent liege. "Interessanterweise beobachten wir, dass der Anteil an Rückerstattungen bei Klatschmagazinen viel höher ist als bei Qualitätszeitungen", schildert das Unternehmen. Das eigene System sei damit das einzige, das das sogenannte Clickbaiting bestrafe und Qualitätsjournalismus fördere. (mho)