Kompakte Augmented-Reality-Brille

Am Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik arbeiten Forscher an einem Nachfolger von Google Glass und Co., der dezenter ausfallen soll.

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Am Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik arbeiten Forscher an einem Nachfolger von Google Glass und Co., der deutlich dezenter ausfallen soll.

Der Computerbrille Google Glass war bislang kein Erfolg beschert – auch, weil das Gerät sehr auffällig war, obwohl es nur über einen Minibildschirm verfügt, der einen Randbereich des Auges mit Informationen bescheint. Damit die Technik noch eine Chance hat, braucht sie neue Ideen und eine bessere Hardware, sagen Marktbeobachter.

Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik (IOF) in Jena arbeitet nun an einer durchsichtigen Datenbrille, die klein und dezent ist und trotzdem das ganze Blickfeld ausfüllt. Das soll helfen, die Technik endlich zum Endkundenprodukt zu machen und ihr gleichzeitig neue Möglichkeiten eröffnen, die bislang noch nicht vorstellbar waren. Dazu gehört eine stärkere Immersion in die bereitgestellten Daten, als das bei Google Glass und Co. derzeit der Fall ist.

Am Fraunhofer IOF entstehen auch Spezialprismen.

(Bild: Fraunhofer IOF)

Um ihr Ziel zu erreichen, bringen die Forscher eine für das menschliche Auge unsichtbare Gitterstruktur im Nanomaßstab auf die Brillengläser, die als Lichtleiter dient. "Die entsprechenden Herstellungsverfahren sind massentauglich und werden in der Industrie bereits angewandt", sagt Gruppenleiter Peter Schreiber. "Die Brille lässt sich einfach und kosteneffizient herstellen."

Außerdem kann die Brille per App – ohne jegliche mechanische Teile – auf weitsichtige Nutzer eingestellt werden, die sonst eine zusätzliche Brille benötigen würden. Die Software verzerrt die eingeblendeten farbigen oder monochromen Bilder ständig so, dass sie dem Anwender scharf erscheinen. Somit fällt eine zusätzliche Optik weg. Reguläre Brillen könnten durch die Computerbrille potenziell ersetzt werden.

Eine frühere Version des Near-to-Eye-Display.

(Bild: Fraunhofer IOF)

Auch andere Sehfehler wie Astigmatismus oder Kurzsichtigkeit kann die Brille laut IOF zumindest teilweise kompensieren. Zu den Anwendungsideen gehören touristische Führungen, bei denen etwa die realen Bilder von Sehenswürdigkeiten mit Informationen aus dem Netz ergänzt werden ("Augmented Reality"). Die Forscher sehen aber noch ganz andere Nutzungsmöglichkeiten im Industrie- und Büroalltag.

Die Anwendungsgebiete der Datenbrille seien keineswegs auf den Tourismus beschränkt, so die Forscher. So könne man sich beim Sport die persönlichen Belastungswerte und die Herzfrequenz anzeigen lassen. Auch den Arbeitsalltag könnte eine solche Brille erleichtern, sagen sie: "Beispielsweise bräuchten Mechaniker, die große Maschinen warten oder reparieren, keine dicken Anleitungen wälzen, sondern sehen die Arbeitsschritte in ihr Sichtfeld eingeblendet."

Das neue Spezialdisplay passt sich an Sehstärken an.

(Bild: Fraunhofer IOF)

Am IOF arbeitet man bereits seit längerem an Near-to-Eye-Displays, die unter anderem auf Basis von Wellenleitern arbeiten. Im Mai zeigten sie Pläne für eine Verschmelzung von Optoelektronik, Mikrooptik und Bildverarbeitung.

"Unser Multikanalansatz ermöglicht es, Weitsicht gänzlich ohne mechanisch bewegte Elemente wie beispielsweise am verstellbaren Okular eines Feldstechers auszugleichen und die Bildschärfe individuell rein elektronisch einzustellen", so Schreiber. (bsc)