Zu viel Hass: Lübecker Nachrichten verzichten bei Facebook auf Thema Flüchtlinge

Immer wenn die Lübecker Nachrichten auf Facebook Artikel verlinken, in denen es um die Debatte um Flüchtlinge in der Stadt geht, folgen hasserfüllte Debatten. Um sich deren Moderation zu ersparen, verzichtet die Zeitung auf Facebook nun auf das Thema.

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Lübecker Nachrichten
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Von
  • dpa

Wegen immer neuer Hass-Kommentare wollen die Lübecker Nachrichten auf ihrer Facebook-Seite vorerst nicht mehr auf Berichte zum Thema Flüchtlinge in Lübeck verlinken. Das teilte die Onlineredaktion der Zeitung vor dem Wochenende in einer Mitteilung in eigener Sache auf Facebook mit. Auf diese Entscheidung habe es überwiegend positive Reaktionen von Lesern gegeben, zitiert der Branchendienst Meedia den stellvertretenden Chefredakteur, Lars Fetköter. Unter der Mitteilung selbst häufen sich jedoch die Vorwürfe, die Redaktion zensiere sich mit diesem Schritt selbst.

Die Onlineredaktion begründet den Schritt damit, dass "die Masse der justitiablen Anfeindungen und die Folgen wie Beleidigungsklagen [...] einfach nicht mehr zu handhaben" seien. Man halte das Thema Flüchtlinge aber weiterhin für "alles andere als irrelevant" und werde in der Online-Ausgabe der Zeitung weiter darüber berichten. In Lübeck wird derzeit heftig diskutiert, dass die Landesregierung und die Stadt eine Erstaufnahme-Einrichtung für 600 Flüchtlinge errichten wollen. Die rund 1700 Anwohner in dem dortigen Neubaugebiet fordern eine kleinere Einrichtung.

"Die Anfeindungen stammen aus zwei Lagern", berichtete ein Sprecher der Madsack Mediengruppe, zu der die Lübecker Nachrichten gehören. "Von Gegnern und Befürwortern der Einrichtung gab es gegenseitige Anschuldigungen, die beleidigend und ehrverletzend waren." Dies habe ein Ausmaß und eine Intensität angenommen, die so nicht mehr hinnehmbar oder kontrollierbar gewesen seien. "Wenn Beleidigungen überhandnehmen, verfehlt die offene Debatte auf Facebook, der wir uns sonst auch weiterhin gerne stellen, ihren Zweck."

In einem weiteren Kommentar erklärt die Onlineredaktion, sie schreibe und recherchiere lieber, "als mit Anwälten und Polizei über Beleidigungen zu reden". Nach wie vor stehe allen Lesern die Kommentarfunktion auf der eigenen Internetseite LN Online offen. Dort steht aber nicht zu jeder Meldung über den Flüchtlingsstreit ein Kommentarbereich offen, kritisiert Meedia. (mho)