Die Fahrt im Millionen-Dollar-Auto

Honda bringt sein horrend teures Brennstoffzellenauto FCX Clarity diesen Monat in den USA auf den Markt. Ein Fahrbericht von Tokios Straßen.

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Von
  • Martin Kölling

Es kommt nicht jeden Tag vor, dass ich ein Auto durch den Tokioter Stadtverkehr steuere, das eine Million Dollar kostet. Das hat mit zwei Mängeln zu tun. Erstens fehlt es mir an Geld, ein solches Fahrzeug zu kaufen. Zweitens gibt es kaum Vehikel auf dem Markt, die drei Mal soviel wie ein Ferrari kosten. Der japanische Autohersteller Honda hat diesen doppelten Missstand gestern behoben und die Japan-Korrespondenten westlicher Medien zu einer Testfahrt mit dem neuen Brennstoffzellenauto FCX Clarity eingeladen, das aus Wasser- und Sauerstoff Strom für einen 100 kW starken Elektromotor und nur Wasser als Abgas produziert. Und eines dieser noch raren Fahrzeuge koste eben so viel, verriet Honda-Chef Takeo Fukui nach der Probefahrt.

Das Unternehmen hat natürlich sein Marketing im Sinn. Diesen Monat beginnt Honda, das Gefährt in Kalifornien an eine ausgewählte Kundschaft zu verleasen. Die Schauspielerin Jamee Lee Curtis ist unter den ersten, die für eine Leasinggebühr von schlappen 600 Dollar monatlich mit dem Wasserstoffwagen elektrisch angetrieben durch die Gegen flitzen darf. In den kommenden drei Jahren will Honda auf diese Weise 200 FCX Clarity auf die Strasse bringen, mehrheitlich in Kalifornien. Ums Geld verdienen geht es Honda dabei nicht, sagt Fukui. Vielmehr will der Konzern damit den Menschen den Mund nach Brennstoffzellenautos wässrig machen. Wenn die Menschen nur laut genug nach solchen Fahrzeugen schreien, lautet das Kalkül, bauen die US-Bundesstaaten vielleicht schneller die Infrastruktur für Wasserstofftankstellen auf, ohne die die moderne Technik ein schöner Traum zu bleiben droht.

Die Konkurrenz ist groß. Schließlich setzen viele Hersteller, die den Hybridantrieb verschlafen haben – wie beispielsweise Nissan, Mitsubishi und General Motors – riesige Summen auf batteriebetriebene Elektroautos. Bereits Anfang des kommenden Jahrzehnts sollen sie mit Hilfe staatlicher Subventionen zu Tausenden durch die Straßen der Großstädte surren, hofft der Chef von Nissan und Renault, Carlos Ghosn. Fukui gewinnt dieser Art des Antriebs wenig ab. "Wir erwägen zum jetzigen Zeitpunkt kein batteriebetriebenes Elektroauto", sagt er klar. Mit einem Radius von 100 Kilometern sei die Leistung zu gering. Und sie werde es auf absehbare Zeit bleiben. Er hetzt gegen die Stromer deshalb mittelfristig Hondas Hybrid-Linie ins Rennen, die noch einen Benzinmotor an Bord haben. In zehn Jahren soll dann das Brennstoffzellenauto folgen. Spätestens, merkt Fukui an. "Das wird in den kommenden Jahren eine mächtige PR-Schlacht um die verschiedenen Antriebskonzepte geben", reibt sich der Pressechefs eines Honda-Konkurrenten unterdessen die Hände.

Honda hat daher geklotzt bei seinem FCX Clarity. Designer durften sich außen und innen austoben, um dem Gefährt Ökoflair zu verpassen, der dennoch kraftvoll herüber kommt. Und ich muss gestehen, dass mich das Fahrverhalten mal wieder vom Elektroauto überzeugt hat. Besonders im Stadtverkehr macht elektrisch fahren Spaß. Locker lässt der windschnittige weinrote Wasserstoffwagen einen Lexus an der Ampel stehen. Denn beim Elektromotor werden die 100 kW im Gegensatz zum normalen Verbrennungsmotor nahezu ungehemmt auf die Straße gebracht. Ohne Gangschaltung zieht das Geschoss in Windeseile davon. Nur auf einer deutschen Autobahn hätte die weit stärkere Nobelkarosse eine Chance, mich einzuholen. Denn schneller als 160 Kilometer pro Stunde schafft der Honda nicht, während vergleichbare Limousinen (sprich ein Sechs-Zylinder-Benziner) locker Tempo 200 erreichen. Zu meinem Glück gilt in Japan Tempo 100. Vorteil Brennstoffzellenauto.

Auch die Reichweite ist ordentlich. Mit einer Tankfüllung Wasserstoff kommt der Clarity im japanischen Testmix 620 Kilometer weit. Der Innenraum wirkt gefällig, verströmt mit seinem Plastiklook aber nicht gerade das Gefühl, dass man eines der teuersten Autos der Welt fährt. Das eigentliche Problem ist aber die Erkenntnis, dass die Brennstoffzellentechnik auf absehbare Zeit keine Alternative für eine ökologische Massenmobilisierung darstellt. Fukui rechnet damit, dass ein Brennstoffzellenauto bei einer wirklichen kommerziellen Massenmarkteinführung "nicht mehr als 100.000 Dollar kosten" dürfe. Nur Wasser beim Fahren in die Atmosphäre zu pusten, könnte daher noch lange nur wohlhabenden Gesellschaftsschichten vorbehalten sein. (wst)