Selektoren-Streit: USA angeblich auch gegen Sonderermittler

Die Bundesregierung will dem Parlament die kritischen NSA-Selektoren nicht übergeben, stattdessen soll ein Sonderermittler prüfen, ob der BND illegal überwachte. Aber auch dem widersetzt sich angeblich die USA. Die Selektoren seien Staatsgeheimnisse.

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USA

(Bild: heise online/Philipp, CC BY 2.0)

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Die US-Regierung lehnt den Vorschlag der Bundesregierung ab, einem Sonderermittler stellvertretend für den NSA-Untersuchungsausschuss Einsicht in die kritischen NSA-Selektorenlisten für den BND zu gewähren. Trotz des politischen Drucks dürfe die Bundesregierung keine Staatsgeheimnisse verraten, zitiert die Bild am Sonntag die angebliche Meinung in Washington. Gleichzeitig erwäge die NSA, "die Zusammenarbeit mit Deutschland zu kappen", um sich anderen europäischen Staaten zuzuwenden. Im Gespräch sei etwa Polen.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Hintergrund für die Drohung ist der Streit um Suchbegriffe, die von der NSA an den Bundesnachrichtendienst (BND) übermittelt wurden, der damit seine Überwachungssysteme füttern sollte. Viele davon richteten sich offenbar gegen deutsche und europäische Interessen, etwa weil Unternehmen oder Politiker aus der EU ausgespäht werden sollten. Um zu klären, wie weit die NSA-Spionage diesbezüglich tatsächlich gehen sollte, verlangt die Opposition im NSA-Ausschuss Einsicht in die Listen. Die Bundesregierung und Teile der Großen Koalition wollen die nicht ohne Zustimmung aus den USA gewähren und setzen stattdessen auf einen BND-Sonderermittler. Der soll stellvertretend für den Ausschuss Einsicht nehmen und Bericht erstatten.

Vergangene Woche war dieser Vorschlag offiziell gemacht worden, wobei die Bundesregierung auch noch darauf besteht, diesen Sonderermittler selbst zu benennen. Das wird nicht nur von der Opposition als Entmachtung des Parlaments scharf kritisiert. Auch Bundestagspräsident Lammert (CDU) sprach sich auf Spiegel Online dagegen aus, denn "die Regierung ist kein Vormund des Parlaments". Grüne und Linke sind grundsätzlich gegen einen Ermittler. Ihre Vertreter wollen die Listen selbst einsehen und haben deswegen den Gang vor das Bundesverfassungsgericht angedroht.

Sollten die USA tatsächlich auch einem Sonderermittler die Einsicht in die Listen verweigern, ist noch unklar, wie die Bundesregierung darauf reagiert. Mit ihrem vorgeblichen Kompromissvorschlag säße sie dann zwischen allen Stühlen, könnte nun aber auch den Eindruck erwecken, sich Widerstand aus den USA zu erwehren. Vor allem die Opposition bemängelt oft, der Bundesregierung sei die Meinung des US-Partners wichtiger als etwa die Rechte des Bundestags.

Die Androhung einer Verschlechterung der Beziehungen zwischen NSA und BND wird seit Wochen immer wieder geäußert. Die Quellen dafür kommen zumeist aus Geheimdienstkreisen selbst. Dort herrscht jedoch das Ziel vor, die vor allem durch Edward Snowden enthüllte Massenüberwachung zu verteidigen und Kritik daran zu diskreditieren. (mho)