Der Anhalterdaumen war gestern

Mitfahrgelegenheiten und das so genannte Carpooling erfreuen sich in Zeiten der Krise zunehmender Beliebtheit - außerdem sind sie gelebter Klimaschutz. Mit etwas Technik soll nun alles noch besser werden.

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Auf so manchem Parkplatz in den Vorstädten der USA ist inzwischen jeden Morgen der Bär los: An vor Einkaufszentren eingerichteten "Ridesharing Lanes" stehen viele Menschen an, die eine Mitfahrgelegenheit in die City suchen. Zahlreiche Autofahrer sind nur zu gerne bereit, ihnen zu helfen, schließlich können sie sich damit ein Zubrot verdienen. Das so genannte "Carpooling" verzeichnet besonders in Zeiten der Finanzkrise enorme Wachstumsraten.

Das US-irische Unternehmen Mapflow, ein Spezialist für digitale Routenführung, will den Trend nun mit etwas Technologie noch verstärken. Es hat eine Software namens "Avego" geschrieben, die auf dem populären Apple-Handy iPhone läuft und mit der sich Mitfahrer und Mitfahrgelegenheiten nahezu überall auffinden lassen. Dabei wird der eingebaute Satellitennavigationschip des Mobiltelefons verwendet. Er ermittelt, wo sich ein Avego-Teilnehmer aufhält und führt Fahrinteressierte und Autobesitzer so schnell zusammen.

"Wenn ein Fünfsitzer mit nur einem Passagier unterwegs ist, ist das von Natur aus ineffizient. Trotzdem passiert das in 85 Prozent der Fälle in den meisten Teilen der Welt", beschreibt Mapflow die Motivation. Wenn der Dienst eine ausreichende Nutzerzahl hat, soll es möglich sein, eine Mitfahrgelegenheit pünktlich zu einer bestimmten Uhrzeit zu buchen. "Dann wird der Nutzer nur wenige Minuten später abgeholt." Ein System von Pincodes macht es möglich, nur denjenigen mitzunehmen, der tatsächlich eine Berechtigung hat. Teilnehmer können außerdem frei wählen, ob sie andere mitnehmen wollen oder nicht – Interessierte in der Umgebung sind mit einem Klick auf den iPhone-Bildschirm aufzufinden.

Das Avego-Projekt hat sich viel vorgenommen: Mit einer Website und der iPhone-Anwendung sollen große Mengen Klimagas aus der Atmosphäre herausgehalten werden. Im optimalsten Fall will der Dienst bis zum Jahr 2020 insgesamt 20 Millionen Nutzer weltweit anlocken – wenn man sich die Wachstumszahlen großer sozialer Kommunikationsnetzwerke wie Facebook ansieht, ist das gar nicht einmal so sehr weit hergeholt. Rechnerisch ließen sich bei dieser Nutzerzahl fast 75 Millionen Tonnen CO2 einsparen, was in den USA rund 145 Milliarden Meilen an nicht durchgeführten Fahrten entsprechen würde.

Die Automatisierung der Mitfahrerauffindung per Handy spart aber nicht nur Klimagase ein, sondern hilft den teilnehmenden Fahrzeugbesitzern ganz praktisch in ihrem Alltag. Erstens können sie Geld sparen, weil ihre Mitfahrer sich an den Spritkosten beteiligen dürfen. Zweitens existieren in vielen US-Großstädten so genannte "High-Occupancy Vehicle"-Spuren (HOVs). Auf die darf man nur, wenn mindestens zwei oder mehr Personen im Fahrzeug sitzen, die dann nicht selten locker lässig am Ein-Mann-pro-Fahrzeug-Stau vorbeirollen können.

Noch ist allerdings unklar, wie kommerzielle Fahrdienste und Busnetzbetreiber auf die Technologie reagieren werden. In Kanada gibt es Städte, in denen gegen professionalisierte Mitfahrgelegenheiten vorgegangen wird. Das sei ja nichts anderes als Transportgewerbe, heißt es. (wst)