Russland erklärt ReactOS zu favorisierter Windows-Alternative

ReactOS gilt jetzt in Russland offiziell als fördernswerte Windows-Alternative. Die Entwickler bereiten sich derweil auf das erste ReactOS Hackfest vor, auf dem es auch um die kommende Version 0.4.0 gehen soll.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 600 Kommentare lesen
ReactOS
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Louis-F. Stahl
  • Dr. Oliver Diedrich

Nachdem der russische Kommunikationsminister Nikolay Nikiforov im Frühjahr ein gemeinsames Vorgehen der BRICS-Staaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika zur Lösung der Abhängigkeit von Import-Software angeregt hatte, verkündete Russland kürzlich eine Liste möglicher Optionen. Als Teil des nationalen Programms zur Sicherung wirtschaftlicher Entwicklung soll eine gezielte Förderung von Open-Source-Projekten erfolgen. Neben zwei von russischen Unternehmen entwickelten Linux-Distributionen wurde auch das ReactOS-Projekt als fördernswerte Windows-Alternative auserkoren. Was das konkret heißt, bleibt allerdings zunächst unklar: Das russische Programm sieht lediglich eine Fertigstellung der Software-Alternativen binnen zehn Jahren vor.

ReactOS – Freier Windows-Nachbau (5 Bilder)

ReactOS ist ein freier Windows-Nachbau auf dem Stand von Windows Server 2003.

Obwohl das ReactOS-Projekt seit der Integration einer rudimentären Unterstützung für NTFS keine großen technischen Fortschritte vermeldet hat, waren die Entwickler doch nicht untätig: "Über 750 von der Community gemeldete Bug-Reports wurden bearbeitet, was zu einer deutlich besseren Software-Kompatibilität geführt hat", berichtet ReactOS-Entwickler Colin Finck im Gespräch mit heise open. Besonders die im letzten Jahr implementierte Emulation für die Ausführung von 16-Bit-Anwendungen (NTVDM) sowie die Java-Unterstützung wurden verbessert.

So kann man mit aktuellen ReactOS-Builds nicht nur endlich die Installationsroutine des Oracle Java Runtime Environments ausführen, sondern auch Uralt-Software wie der Desktop FreeGEM oder bislang sperrige Anwendungen wie Skype. Neu ist außerdem die Unterstützung des UDF-Dateisystems zum Auslesen optischer Datenträger.

Erste Ergebnisse kann auch der studentische Stipendiat vorweisen, der nach einer erfolgreichen Spendenkampagne auf Indiegogo im letzten Jahr vom Verein ReactOS Deutschland e.V. ausgewählt worden war: "Mit der Fertigstellung des neuen Explorers und der von Grund auf neu erstellten Shell32 mit Theme-Support wirkt die Oberfläche des Systems frischer und ist insbesondere im Hinblick auf den Explorer auch komfortabler nutzbar", erklärt Finck. Er hat jetzt mit der Arbeit an einem Drucker-Stack begonnen, der bis zum Dezember 2015 fertiggestellt werden soll und Bestandteil von ReactOS 0.4.0 werden könnte.

Einen konkreten Termin für ein neues Release von ReactOS mit allen Neuerungen sieht die aktuelle Roadmap derzeit zwar nicht vor, das Projekt stellt jedoch tagesaktuell automatisch erzeugte Build-Versionen zum Download bereit. Die ReactOS-Entwickler selbst klassifizieren allerdings sowohl die Daily Builds als auch die bisherigen Releases als Alphaversionen, die nur zu Testzwecken empfohlen werden.

Einen weiteren Schub in der Entwicklung erhofft sich die ReactOS-Community vom ersten ReactOS Hackfest, das vom 7. bis zum 12. August 2015 in Aachen stattfindet. Laut den Veranstaltern haben sich bereits mehr als die Hälfte der derzeit aktiven ReactOS-Entwickler angemeldet. Nach den aktuellen Planungen werden voraussichtlich die Verbesserung der Hardwareunterstützung von ReactOS sowie die Arbeiten an der kommenden Version 0.4.0 im Fokus der Veranstaltung stehen. (odi)