Falsche Furcht

Ein simpler Keramikversiegler hat der lantenten Angst vor den Gefahren der Nanotechnologie neue Nahrung gegeben. Diesmal allerdings zu Unrecht.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Hanno Charisius

Eine Woche lang stand es wirklich schlecht um die Nanotechnologie. Der Discounter Penny hatte den "Magic Nano Bad- und WC-Versiegeler" (7,99 Euro) sowie den "Magic Nano Glas- und Keramikversiegeler" (6,99 Euro) im Angebot, zwei Sprays, die glatte Oberflächen derart versiegeln sollen, dass Schmutz und Wasser daran abperlen. Nicht ganz selbstreinigend aber immerhin putzerleichternd sollte die Beschichtung sein. Doch schon kurz nach Verkaufsstart am vorvergangenen Montag gingen bundesweit in den Giftinformationszentralen alarmierende Meldungen ein: Atemnot, Schaum vorm Mund, schwere Hustenanfälle, in sechs Fällen kam es zu einem Lungenödem. Insgesamt 74 Vergiftungsfälle wurden gemeldet. Penny stoppte den Verkauf sogleich am Dienstag und startete eine Rückrufaktion. 4000 Dosen waren bereits verkauft.

Glücklicherweise sind alle Menschen, die das Magic-Nano-Spray inhaliert hatten, wieder genesen.

Im Grunde war das Schicksal der Nanotechnologie damit aber besiegelt: Die Folgen der neuartigen Technologie seien unvorhersehbar hallte es im Chor von Verbraucherschutzorganisationen hierzulande aber auch in den USA. Also: Abschaffen. Oder wenigstens: Den Warnschuss verstehen und strenger reglementieren, mehr testen.

Nicht ein Produkt, ein Hersteller stand in Frage, nein, es war ein ganzer Industriezweig. Nur: Mit Nanotechnologie hat die ganze Katastrophe höchstwahrscheinlich gar nichts zu tun. Vielleicht sind nicht einmal Nanopartikel in diesem Produkt enthalten, der Hersteller Nanopool in Heusweiler bei Saarbrücken will die Zusammensetzung erst nach Abschluss der Untersuchung durch die Behörden in ein paar Tagen offen legen. Die vertreibende Kleinmann GmbH aus Sonnenbühl, südlich von Reutlingen, kennt die genaue Rezeptur auch nicht, sie ist allerdings in Form eines Pumpsprays schon seit einigen Jahren im Einsatz – ohne bislang Gesundheitsschäden verursacht zu haben. Diesmal kam das Präparat als Aerosol in Spraydosen aus Weißblech in den Handel. Der Verdacht liegt nahe, dass da was bei der Abfüllung schief gelaufen ist, dass vielleicht irgend jemand einen Augenblick lang einen falschen Hahn geöffnet hat und das Drama seinen Anfang nahm. Hauptverdächtiger ist zurzeit ist eine Korrosionsschutzkomponente im Treibgas, die verhindert, dass die Weißblechdosen von innen durchrosten.

Nein, wir wollen nicht die Gefahren der Nanotechnologie herunter gespielt. Nach heutigem Kenntnisstand sind die ohnedies nicht auszuschließen, besser wir gehen mit der neuen Technologie um, als wäre sie eine gefährliche.

Aber diesmal trifft Nano keine Schuld. Diesmal war es Schlamperei in der Herstellung. Und die muss noch viel vehementer bekämpft werden als eine neuartige Technologie, deren Folgen schwer abzusehen sind. Denn die Folgen von Produktionspannen sind recht leicht vorhersagbar. Es gibt gute Gründe , sich vor Nanotechnologie zu fürchten. Magic Nano ist keiner. (wst)