Muh!

Eine britische Kommission überlegt besonders gründlich, ob Forscher Hybride aus Menschen und Rinder schaffen dürfen. Und das ist gut so.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Hanno Charisius

Anfang November haben zwei britische Forschergruppen bei der zuständigen britischen Human Fertilisation and Embryology Authority (HFEA) Experimente beantragt, bei denen sie menschliches Erbgut in die Eizellen von Kühen einpflanzen wollen. Aus den resultierenden Hybrid-Klonen, die nach Angaben der Antragsteller zu 99,9 Prozent menschlich sein sollen, wollen sie Stammzellen für die Forschung und in sehr ungewisser Zukunft vielleicht einmal für die Therapie schwerkranker Menschen gewinnen.

Am vergangenen Mittwoch hat es eine Anhörung bei der HFEA gegeben, Donnerstag sollte das Ergebnis verkündet werden. Doch dazu kam es nicht wirklich: „Nachdem wir alle wissenschaftlichen, rechtlichen und ethischen Argumente angehört hatten, war klar, dass es vor einer grundsätzlichen Entscheidung über diese Art von Experimenten, eine klärende öffentliche Diskussion geben muss,“ sagte HFEA-Chefin Angela McNab. Die Experimente seien nach gegenwärtiger Gesetzeslage in Großbritannien legal, aber genehmigungspflichtig. Es sei jedoch ein viel zu kompliziertes Thema, um darüber so kurzfristig zu entscheiden.

Dass vielen Menschen unbehaglich wird bei dem Gedanken, menschliches Erbgut in die Eizellen von Kühen zu stopfen, um daraus menschliche Klone zu züchten, darüber muss man nicht viele Worte verlieren. Der Gruselfaktor solcher Überlegungen ist überzeugend hoch. Und selbst innerhalb der Wissenschaft herrscht keine Einigkeit über die Notwendigkeit solcher Experimente, sagt McNab. Warum tut sich die Authority also schwer mit der Entscheidung? Was ist daran so kompliziert?

Grund für die geplante Verschmelzung von Mensch und Tier sind die enormen Probleme, an menschliche Eizellen zu gelangen, die jedoch für die Herstellung von Embryonen notwendig sind. Die Forscher wollen mit den Mischembryonen die Verwendung der Eizellen von Frauen umgehen. Die Wissenschaftler von der Universität Newcastle und vom Londoner King’s College haben eine Erlaubnis für drei Jahre beantragt. Diese Forschung zu verhindern, wäre „ein Affront“ gegenüber den Patienten, die von Stammzelltherapien profitieren könnten, erklärte Antragsteller Stephen Minger vom King’s College der britischen BBC am Montag vergangener Woche. Klonforscher Ian Wilmut aus Edinburgh wird mit der Einschätzung zitiert, dass die britische Forschung „ganz klar“ zurückfallen werde, wenn solche Arbeiten nicht möglich seien. In einem offenen Brief in der Zeitung Times haben sich Dutzende von hochdekorierten britischen Wissenschaftlern Anfang vergangener Woche an die HFEA gewendet, sie möge doch bitte dafür Sorge trage, dass solche Arbeiten zukünftig in Großbritannien möglich sind.

Nun muss die HFEA den versprochenen Nutzen sehr genau ansehen und mit den ethischen Problemen solcher Experimente abwägen. Das ist keine manichäische Angelegenheit wie die Unterscheidung zwischen Gut und Böse. Insofern ist es schon ein Wert für sich, wenn die zuständige HFEA sich die Entscheidung nicht einfach macht und die augenscheinlich unheimlichen Anträge reflexhaft ablehnt. (wst)