Ein Lichtblick für die Nanosicherheit

Das erste Nano-Gütesiegel für Unternehmen will den sicheren Umgang mit Nanotechnologien fördern.

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Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Niels Boeing

Seit etwa vier Jahren ist ein Streit darüber entbrannt, ob Produktion und Einsatz von Nanomaterialien reguliert werden müssen oder nicht. Denn erste Untersuchungen haben gezeigt, dass einige von ihnen toxisch wirken könnten, wenn Organismen ihnen ausgesetzt sind. Die Datenlage ist bislang allerdings äußerst bescheiden.

Während die Industrie im Großen und Ganzen behauptet, die bestehenden Regularien zu Arbeits- und Verbraucherschutz seien ausreichend, halten Umweltorganisationen dagegen, dass diese Nanomaterialien kaum erfassen. Einige systematische Studien geben ihnen Recht. Auch durch das neue EU-Chemikalien-Recht REACH, das am 1. Juni in Kraft tritt, werden viele Nanomaterialien durchrutschen, solange ihre jährliche Produktionsmenge nicht eine Tonne übersteigt. Standards für einen sicheren Umgang mit Nanomaterialien gibt es ebenfalls nicht.

Angesichts dessen ist auf jeden Fall erfreulich, was die Innovationsgesellschaft aus St. Gallen, die seit längerem eine kontinuierliche Übersicht über neue Entwicklungen in der Nanorisikodebatte betreibt, und der TÜV-SÜD nun entwickelt haben: CENARIOS, kurz für Certifiable Nanospecific Riskmanagement and Monitoring System, das „weltweit erste Nano-Gütesiegel“.

Das ist zwar kein Nano-Produktlabel, mit dem Verbraucher sich informieren können, ob in irgendeinem Putzmittel „nano“ drin ist. Aber ähnlich wie beispielsweise das Qualitätsmanagement-Audit ISO 9000 oder das europäische Öko-Audit EMAS könnte es künftig erhellen, ob ein Nanotech-Unternehmen verantwortungsvoll mit den eingesetzten Nanotechnologien umgeht. Es muss nach einem Jahr erneuert werden, um neuen Erkenntnissen bei Risiken oder Toxikologie Rechnung tragen zu können.

Neben einem firmeninternen Risikomanagementsystem beinhaltet es ein „360°-Monitoring-Modul“, dass helfen soll, neue Entwicklungen in der Nanotechnik rechtzeitig zu erfassen. Wobei ich mir allerdings nicht vorstellen kann, was das konkret bedeutet – ein detaillierterer Newsletter, den die zertifizierende Stelle, eine Tochterfirma des TÜV-SÜD, verschickt? Das dritte Modul umfasst „Issue Management und Kommunikation“, um „in Krisensituationen rasch und sicher handeln zu können“.

Vermutlich hätte die Kleinmann GmbH, Hersteller des berüchtigten „Magic Nano“-Sprays, sich mit CENARIOS ihre PR-Panne ersparen können.

Ob das Gütesiegel ausreicht, um irgendwann einen allgemein sicheren Umgang mit Nanotechnologien zu gewährleisten, ist schwer zu sagen. Schließlich ist es nicht verpflichtend. Angesichts des Durcheinanders miteinander konkurrierender Zertifikate etwa zur nachhaltigen Holzproduktion ist nicht auszuschließen, dass CENARIOS irgendwann auch halbseidene Wettbewerber bekommen könnte.

Zumindest ist es ein erster Schritt in die richtige Richtung, der der bislang noch recht vagen Nanorisiko-Debatte etwas Schwung geben könnte. (wst)