Wildwest im Spam-Ordner

Langjährige Internet-Nutzer sollte in Sachen Müllmails, Viren und Würmer eigentlich nichts mehr schrecken. Dennoch überrascht selbst Ur-Onliner die Aggressivität, mit der Internet-Betrüger inzwischen vorgehen.

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Neulich musste ich an "ILOVEYOU" denken. Das war einer der ersten E-Mail-Würmer, die sich auch in vielen deutschen Firmen weit verbreiteten - anno Mai 2000 und zu einer Zeit, als das Sicherheitsbewusstsein vieler Nutzer noch wesentlich geringer als heute war. Der Schädling erscheint so harmlos im Vergleich zu dem, mit was man heute konfrontiert ist: Seither hat die Flut an Würmern, Trojanern und Viren gigantische Ausmaße angenommen. Spam-Botschaften gehören zu unserem Alltag, ohne gute Filter-Software geht nahezu nichts mehr.

Gleichzeitig ist unter Online-Oldies aber auch ein gewisses Überlegenheitsgefühl spürbar. Wer seit langen Jahren im Netz unterwegs ist, lacht schnell über Phishing-Versuche, Briefe aus Nigeria und E-Mail-Attachments mit ausführbaren Dateien. Was haben sich diese Internet-Betrüger dabei gedacht, fragt sich der Dauernetznutzer dann, wer fällt denn auf so etwas noch herein? Offensichtlich klappt die Aufklärung noch immer nicht!

Eine solch abgeklärte Haltung mag dem persönlichen Zufriedenheitsgefühl dienen, doch auf Dauer ist sie gefährlich. Der Grund: Internet-Betrüger glänzen in den letzten Monaten mit einem erhöhten Aggressivitätsniveau, das selbst Online-Oldies ins Schwitzen bringt. Konnte man einst noch über merkwürdig übersetzte Aufforderungen grinsen, doch bitte seine Online-Banking-PINs und TANs an ungesicherte Websites zu übermitteln, wird heute mit härteren Bandagen gekämpft.

Da gibt es dann beispielsweise das professionell aufgemachte Schreiben, das angeblich von einem netzbekannten Mahnanwalt stammt, in dessen Attachment aber ein Trojaner steckt. Oder die aus einem Anti-Spam-Handbuch abgepinselte Formularmail, laut derer der Spam-Empfänger selbst ein Spammer sei und doch bitte eine Unterlassungserklärung abgeben solle (das Ganze dient allein der Verifizierung spambarer Adressen).

Auf der anderen Seite dürfen sich Internet-Betrüger über viel Benutzerfreundlichkeit bei ihrer Tätigkeit freuen: Botnetze für Spam und andere illegale Aktivitäten werden heutzutage über komfortable Web-Oberflächen kontrolliert, für trojanische Pferde gibt es leicht verständliche "Baukästen". Auch der Web 2.0-Trend Social Bookmarking wird inzwischen genutzt: Neulich war bei einem großen US-Dienst ein Link ganz oben, der eine in Werbung integrierte "Hintertür" enthielt.

Fazit: Von Entwarnung in Sachen Internet-Gefahren kann keine Rede sein. Und wer seine Filter-, Anti-Viren- und Firewall-Technik nicht auf dem neuesten Stand hält, ist noch immer selber schuld. Wie geht es eigentlich Gesetzesvorhaben, die beispielsweise Spammern endlich das Handwerk legen? Zeit wäre es. (wst)