Panoramafreiheit: EU-Parlament bewegt sich

Die Kampagne der Piraten-Abgeordneten Julia Reda gegen eine eingeschränkte Panoramafreiheit sorgt für eine Kehrtwende bei vielen Abgeordneten. Der Ausgang der Abstimmung ist aber noch keinesfalls sicher.

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(Bild: EU-Kommission)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Torsten Kleinz
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Der öffentliche Aufschrei um das Thema Panoramafreiheit ist enorm. Eine Petition auf change.org hat inzwischen über 180.000 Unterschriften erreicht, die Wikipedia veröffentlichte einen offenen Brief mit über 8000 Unterschriften und die Deutsche Journalisten-Union dju ruft sogar zum Protest in Hannover gegen die Pläne auf.

Nachdem die Pläne zur Einschränkung der Panoramafreiheit seit vergangener Woche für breite Empörung gesorgt hatten, reagieren verschiedene Gruppen im Europaparlament nun auf die Kritik. Sie wollen den Text des Evaluationsberichts zur Urheberrechtsreform in letzter Minute noch ändern. So hat die niederländische Abgeordnete Marietje Schaake einen Änderungsantrag eingereicht, der die Rechte der Konsumenten betont, Bilder von Werken zu publizieren, die dauerhaft im öffentlichen Raum platziert sind. Ihr Fraktionskollege Alexander Graf Lambsdorff (FDP), der die Änderung mit initiiert hat, bezeichnet die Pläne des Parlaments gar als "Schnapsidee von Bürokratiesüchtigen".

Parallel unterstützt aber auch die sozialdemokratische Fraktion im Europaparlament eine Änderung in letzter Minute. "Ich werde gemeinsam mit den anderen sozialdemokratischen Abgeordneten im Europäischen Parlament kommende Woche so abstimmen, dass die deutsche Regelung zur Panoramafreiheit gültig bleibt", erklärt der SPD-Abgeordnete Dietmar Köster. Die Panoramafreiheit sei wichtig, weil sie garantiere, dass der öffentliche Raum für die Allgemeinheit nutzbar bleibt.

Allerdings wählten die Sozialdemokraten aus verfahrenstechnischen Gründen einen anderen Weg als die Liberalen: Sie wollen keinen Änderungseintrag einreichen, sondern den kritisierten Absatz zur Panoramafreiheit komplett streichen. Somit wäre die Zukunft der Panoramafreiheit bis auf weiteres unbestimmt.

Köster kritisiert aber gleichzeitig Redas Entscheidung, die Änderung des Initiativantrags des Parlaments nach monatelangen Verhandlungen auf diese Weise zu attackieren. So seien in der Presse viele falsche Behauptungen aufgestellt worden. Insbesondere in der britischen Presse wurden die Pläne des Europaparlaments so dargestellt, als ob die Abschaffung der Panoramafreiheit unmittelbar bevorstehe. Köster befürchtet, durch die aufgeheizte Debatte seien "anti-europäische Ressentiments" geschürt worden.

Tatsächlich ist der so genannte Reda-Report, in dem die umstrittene Passage per Ausschuss-Entscheidung eingefügt worden war, nur eine frühe Vorstufe der lange geplanten europäischen Urheberrechtsreform. Diese muss nun erst von der EU-Kommission in Gesetzesform gebracht werden, bevor sie anschließend nochmal das EU-Parlament durchlaufen kann.

Trotz der neuen Unterstützer der Panoramafreiheit ist das Ergebnis der Abstimmung am kommenden Donnerstag noch keinesfalls sicher. Der französische Abgeordnete Jean-Maria Cavada, der die umstrittene Änderung ursprünglich eingebracht hatte, beharrt immer noch auf seiner Version. So erklärt er, dass sowohl Facebook als auch Wikipedia die Arbeit von Urhebern ausbeuten wollten und schlägt stattdessen vor, die Internetplattformen zur Zahlung zu verpflichten.

Gleichzeitig behauptet Cavada, dass die Panoramafreiheit in Deutschland nicht gefährdet sei, da jeder Staat Ausnahmen festlegen könne. Dies ist zwar nicht durch den Wortlaut seines Änderungsantrags gedeckt, könnte aber von Kommission oder Parlament im weiteren Gesetzgebungsverfahren klargestellt werden.

Reda zeigt sich vorsichtig optimistisch, dass das Parlament am kommenden Donnerstag für die Panoramafreiheit stimmen wird. "Es ist ein gutes Zeichen, dass sich SPD und FDP von der Entscheidung ihrer Fraktionskollegen im Rechtsausschuss distanzieren und die Panoramafreiheit nicht einschränken wollen – oder sie sogar, wie von mir ursprünglich vorgeschlagen, europaweit ausweiten wollen", erklärte sie gegenüber heise online. "Das zeigt, dass die Kritik aus der Bevölkerung ankommt und wir das Blatt in der Plenarabstimmung noch wenden können." (anw)