Streit um Streetphotography: Fotograf kündigt Gang zum Verfassungsgericht an

In dem Verfahren um die Zulässigkeit von Fotos im öffentlichen Raum erleidet der Fotograf Espen Eichhöfer eine Niederlage vor dem Kammergericht Berlin und kündigt den per Crowdfunding finanzierten Gang zum Bundesverfassungsgericht an.

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Streetphotography: Foto von 2 Männern auf der Straße

(Bild: Espen Eichhöfer)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Joerg Heidrich

Nach wie vor sorgt eine Dame in einem Leopardenmantel für Aufregung und bisweilen heftige Auseinandersetzungen. Denn ein Abbild dieser Dame ist Gegenstand eines Rechtsstreits, der nach dem Landgericht nun auch das Kammgericht Berlin beschäftigt hat. Der beklagte Fotograf Espen Eichhöfer, Mitglied der renommierten Agentur Ostkreuz, sieht in diesem Verfahren nicht weniger als einen Kampf um die Zukunft der Straßenfotografie in Deutschland. Nach der Entscheidung des Kammergerichts sieht es allerdings für deren Zukunft nicht sehr gut aus, denn das Gericht wies die Berufung des Fotografen mit Beschluss vom 11. Juni 2015 (Az. 10 U 119/14) ohne mündliche Verhandlung zurück, da diese "offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg" habe. Eichhöfer kündigte nun den Gang zum Bundesverfassungsgericht an.

Espen Eichhöfer

Ausgangspunkt des Verfahrens war die Klage einer Dame, die auf einem der Bilder des Fotografen abgebildet und deren Konterfei im Rahmen einer öffentlichen Ausstellung dargestellt war. Das Problem an der Sache: Eichhöfer hatte die Dame nicht um ihre Erlaubnis gebeten. Zwar hatte sich der Fotograf per Unterlassungserklärung außergerichtlich verpflichtet, das Bild nicht weiter zu verwenden. Die Abgebildete klagte jedoch vor dem Landgericht Berlin. Dort verlangte sie die Zahlung von mindestens 5.500 Euro als Entschädigung und Lizenzgebühr, sowie Ersatz von zweimal knapp 1.200 Euro Abmahnkosten. Mitte 2014 wies das Landgericht Berlin in seinem Urteil den Anspruch auf Zahlung von Entschädigung zurück. Zu erstatten hatten Fotograf und Ausstellungsveranstalter allerdings einen großen Teil der Abmahnkosten, da diese Schreiben grundsätzlich erforderlich waren.

Beide Seiten legten gegen die Entscheidung des Landgerichts Berufung ein. Im Laufe des Verfahrens nahm die Klägerin das von ihr eingelegte Rechtsmittel nach einem eindeutigen Hinweis des Gerichts zurück, sodass formal nur über die Kosten der Abmahnungen zu entscheiden war. Hieraus ergibt sich allerdings die rechtliche Wertung, ob die Veröffentlichung des Bildes im Rahmen der Ausstellung im Grundsatz rechtswidrig war oder nicht. Die Antwort des Gerichts auf diese Frage fällt eindeutig aus. Das Kammergericht wies die Berufung ohne mündliche Verhandlung zurück. In der Begründung berufen sich die Richter wie schon die Vorinstanz in erster Linie darauf, dass das Bild der Klägerin nicht im Rahmen einer klassischen Fotoausstellung gezeigt wurde, sondern "auf einer großformatigen Stelltafel am Rande einer der verkehrsreichsten Straßen von Berlin". Die Abgebildete sei dadurch "als Blickfang einer breiten Masse ausgesetzt" gewesen und nicht nur der Betrachtung "kunstinteressierter Besucher".

Diese Bewertung des Gerichts kritisiert Sebastian Graalfs, der Anwalt des Fotografen gegenüber heise online. Nach seiner Einschätzung habe das Gericht die Bedeutung der Kunstfreiheit nicht hinreichend berücksichtigt, indem es unter anderem den Ausstellungsort im öffentlichen Raum als maßgebliche Begründung für die angenommene Rechtsverletzung herangezogen hat. Dabei habe es sich nicht um Werbung gehandelt, sondern vielmehr um eine von der Galerie C/O Berlin kuratierte Ausstellung, bei der insgesamt 146 Bilder von 13 Fotografen dargeboten wurden. Zwar hatte das Bild tatsächlich ein größeres Format, circa 150 Zentimeter Höhe, in der Ausstellung habe es aber auch andere Bilder in dieser Größe gegeben. Insgesamt vermisst Graalfs in der Entscheidung des Kammergerichts die nach seiner Ansicht erforderliche Abwägung in dem Konflikt zwischen der Kunstfreiheit und dem Persönlichkeitsrecht der Betroffenen.

In seinem Blog zur Begleitung des Verfahrens kündigte Eichhöfer an, dass man als nächsten Schritt eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht einlegen werde. Sorgen um die Finanzierung seines Rechtsstreits muss sich der Fotograf nicht machen. Er hat per Crowdfunding inzwischen einen Betrag von über 18.000 Euro eingesammelt, um damit "ein Grundsatzurteil zu erstreiten, damit die unsichere Rechtslage für alle Künstler eine Eindeutigkeit bekommt". (keh)