Kolumne: PC-Markt Deutschland - von Gewinnern und Verlierern

Nur zwei der Top-5-PC-Anbieter konnten im zweiten Quartal Marktanteile gewinnen. HP, Dell und vor allem FSC verloren Boden. Für manche Hersteller stellt sich trotz der generell guten Marktentwicklung die Sinnfrage.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Damian Sicking

Acer-Geschäftsführer Stefan Engel: "Was möchten Sie trinken?"

(Bild: Acer)

Lieber Acer-Geschäftsführer Stefan Engel

PCs verkaufen sich in Deutschland derzeit richtig gut. Im ersten Halbjahr 2008 setzten die Anbieter rund 5,3 Millionen Rechner ab, ein Plus gegenüber dem Vorjahr um knapp 20 Prozent. Besonders stark fiel das Wachstum im ansonsten eher schwachen zweiten Quartal aus. Nach Angaben der Marktforscher von Gartner stiegen die verkauften Stückzahlen um 22,4 Prozent auf 2,4 Millionen Einheiten.

Auffällig: Nicht alle der Top-5-Anbieter legten in Q2 überdurchschnittlich zu. Genau besehen waren es nur zwei, nämlich Acer und Medion. Die anderen büßten Marktenanteile ein, auch HP und Dell. Aus diesem Grunde hat es mit Sicherheit wieder sehr unentspannte Gespräche zwischen den deutschen Geschäftsführungen und den amerikanischen Vorgesetzten gegeben. Denn unterdurchschnittliches Wachstum und damit Marktanteilsverluste ist etwas, was die Amerikaner gar nicht leiden können. Zumal beide Unternehmen auf weltweiter Basis ihre Marktposition ausweiten konnten.

Aber das ist alles nichts im Vergleich zu Fujitsu-Siemens: Der deutsche Hersteller hatte ein katastrophales Quartal. Er verkaufte als einziger Top-Anbieter sogar weniger Rechner als im Vorjahresquartal (-7,5 Prozent) und verlor die Marktführerschaft. FSC teilt sich jetzt Rang 2 mit HP (beide 11,4 Prozent Marktanteil). Was für eine Talfahrt: Bei der Fusion von Fujitsu und der IT-Division von Siemens vor neun Jahren lag der Anteil von Fujitsu Siemens am deutschen PC-Markt bei über 28 Prozent. Wenn man sich heute mit Top-Managern von FSC unterhält (sie sprechen fast nur noch von "Service"), drängt sich zwischenzeitlich bereits die Frage auf, ob die Hardware für das Unternehmen überhaupt noch zu den strategischen Produkten zählt, vor allem was das Volumen-Geschäft betrifft. Zur Zeit geben sie auf diese Frage noch die Antwort "Ja". Aber zum großen Vorbild für FSC wird immer mehr IBM.

Zurück zu Acer: Im Vergleich zu Ihren Kollegen von HP und Dell dürften die Gespräche zwischen Ihnen und Ihren Bossen von der Tonalität deutlich entspannter verlaufen sein. Sicherlich wurden Sie freundlich gefragt, was Sie trinken möchten und wie es der Familie geht. Denn mit einem Absatzzuwachs von 45,4 Prozent in Q2 sind Sie nicht nur der Hero im deutschen PC-Markt, sondern auch innerhalb der weltweiten Acer-Familie, zumindest was die großen Länder betrifft. Weltweit stieg Acers PC-Absatz in Q2 um 18,9 Prozent, was auch nicht schlecht ist, aber Toshiba (+29 %) und Dell (+22 Prozent) waren besser. In der Region EMEA konnte Acer den PC-Absatz um 23,5 Prozent steigern. Marktführer ist Acer in den großen Absatzmärkten aber nur in Deutschland.

Die Leistung Ihrer Organisation ist umso höher einzustufen, als hier in Deutschland die beiden im vergangenen Jahr zugekauften Töchter Gateway und Packard Bell keine beziehungsweise so gut wie keine Rolle spielen. Sie, lieber Herr Engel, hatten offenbar einfach die richtigen Produkte zur richtigen Zeit verfügbar (Stichwort "Aspire One").

Gut, das Ganze ist eine Momentaufnahme. Es ist ein Quartalsergebnis, nicht mehr. Aber eben auch nicht weniger. Entscheidend ist die Tendenz. Und die ist bei Acer deutlich positiv. Klar ist auch, dass Marktenanteil die eine, Rentabilität die andere Sache ist. Wenn ich an jeden verkauften Rechner 50 Euro klebe, kann ich schnell Marktanteile gewinnen. Bei einem unserer letzten Gespräche sagten Sie, lieber Herr Engel, dass eines Ihrer wichtigsten Ziele darin bestehe, den durchschnittlichen Verkaufspreis der Acer-Notebooks zu erhöhen. In den einschlägigen Prospekten der Retailer seien die Acer-Notebooks immer diejenigen mit den niedrigsten Preisen, klagten sie damals. Nun stellt sich die Frage: Hat sich diese Situation inzwischen grundlegend geändert?

Wie auch immer: Acer ist momentan die Antwort auf die Leute, die behaupten, man könne mit PC-Hardware kein Geld verdienen. Soeben hat Ihre Muttergesellschaft in Taiwan die Ergebnisse der ersten Halbjahres veröffentlicht, und die können sich durchaus sehen lassen Jedenfalls blieb unterm Strich ein Netto-Gewinn rund 190 Millionen Dollar. Die Umsatzrendite ist mit 2,3 Prozent zwar nicht weltrekordverdächtig, aber immerhin.

Mit besten Grüßen

Damian Sicking

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