Kolumne: PC- und Videospielhandel – Leben in der Parallelwelt

Die Kunden des Hamburger PC- und Spielehändler Patrick Becher sind anders. Jetzt hat Becher die komischsten Dialoge und Begegnungen als Buch herausgebracht. Es trägt den Titel "Wo sind die normalen Menschen?"

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Damian Sicking

(Bild: CSW-Verlag)

Lieber PC- und Spielehändler Patrick Becher,

Sie sind Inhaber der Firma "Com Illusion" in Hamburg, die sowohl PCs als auch Computerspiele an- und verkauft. Jetzt haben Sie ein Buch geschrieben. Es trägt den Titel "Wo sind die normalen Menschen? Geschichten eines Videospielhändlers". Auf knapp 150 Seiten lassen Sie den Leser an den skurrilen, amüsanten, auch absurden Begegnungen mit Ihren Kunden teilhaben. Das Buch ist im CSW-Verlag erschienen und kostet 9,95 Euro.

"Normalos", die in Ihrem Büchlein blättern, werden schnell zu der Entdeckung kommen, dass die Welt, in der Sie leben, mit der ihrigen so gut wie nichts tun hat. Eine Art Parallelwelt. Ihre Kunden scheinen nicht gerade zur Elite, auch nicht zur Bildungselite unseres Landes zu gehören. Aber das macht die Lektüre ja gerade erst interessant. Mit Menschen, die mehr oder weniger so sind wie wir selbst, haben wir ja in unserem alltäglichen Leben mehr als genug zu tun.

Wer allerdings richtige Schenkelklopfer erwartet, wird enttäuscht werden. Die Szenen und Dialoge in Ihrem Buch sind eher etwas zum Schmunzeln und zum Kopf schütteln. Aufgrund der sehr kurzen, in sich geschlossenen Abschnitte eignet sich das Buch prima fürs stille Örtchen. Das ist nichts, worüber Sie sich ärgern müssen, im Gegenteil. Dort befinden sich üblicherweise Klassiker wie "Hägar der Schreckliche", "Peanuts" oder "Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod" von Bastian Sick. Man kann bei Sitzungsende das Buch prima zur Seite legen und beim nächsten Termin einfach irgendwo weiterlesen. Schenkelklopfer sind hier vielleicht auch gar nicht so gut geeignet.

Die Gags sind von der Art "Kommt ein Kunde in den Laden..." (Funktionieren im Prinzip so wie die Ärzte-Witze, zum Beispiel die Klassiker von Otto Walkes: "Herr Doktor, ich kann nachts nicht schlafen." "Oje, wie kommt das denn?" "Ich habe Nachtschicht." -- Oder dieser: "Herr Doktor, ich kann kein Blut sehen." "Hm, wie kommt das bloß?" "Na, ich bin blind.") Hier mal ein paar Szenen aus Ihrem Buch, die mir gut gefallen:

Verkäufer: "Für die Rechnung brauche ich noch Ihren Namen." Kunde: "Moment." Der Kunde holt seinen Personalausweis heraus und liest ihn vor.

Ein Kunde hält ein 99 Cent-Spiel aus unserem Grabbeltisch in der Hand und fragt seinen Kollegen: "Kannst du mir das mal bezahlen?" Darauf sagt der andere: "Denkst du, dass ich so viel Geld mit habe?"

Kunde hält eine ganz normale Tastatur mit Kabel in der Hand und fragt: "Ist die kabellos?"

Kunde am 7. eines Monats während eines Bargeldankaufs: "Ihr seid immer die beste Möglichkeit, die bargeldlose Zeit gegen Ende des Monats zu überbrücken." Verwirrt schaute ich auf den Kalender.

Kundenzitat: "Das ist richtig schön bei euch, das ist wie Sperrmüll suchen."

Kunde: "Kaufen Sie Monitore?" Verkäufer: "Ja, was haben Sie denn?" Kunde: "Einen Monitor, einen kleinen." Verkäufer: "Ist der denn heil?" Kunde: "Das weiß ich nicht, wie kann man das feststellen?"

Verkäufer: "Kann ich Ihnen helfen?" Kunde: "Sie machen schon zu?" Verkäufer: "Nein, in fünf Stunden."

Kunde: "Verkaufen Sie Spiele?" Verkäufer: "Ja." Kunde: "Ich hab nämlich auch noch welche." Verkäufer: "Dann meinen Sie, ob wir Spiele ankaufen?" Kunde: "Nein, ob Sie welche verkaufen, ich will Ihnen welche verkaufen!

Kunde: "Saturn macht gerade eine Aktion und verkauft Spiele zum Einkaufspreis. Könnt Ihr den Preis bei Neuware unterbieten?" Verkäufer: "Nein, da wir mehr als Saturn für die Artikel bezahlen, ist dies nicht möglich." Kunde: "Die nehmen für ein Spiel, was neu 60 Euro kostet, 45 Euro. Ist das nicht Betrug? Das soll ein Einkaufspreis sein?" Verkäufer: "Wir zahlen sogar noch einige Euro mehr, das IST der Einkaufspreis." Kunde: "Da bin ich in der Blumenbranche andere Spannen gewohnt!" Verkäufer: "Computerspiele lohnen sich halt nicht. Deswegen haben wir es als kleiner Laden ja auch nicht immer einfach." Kunde: "Kann ich verstehen. Und du sagst, 45 Euro ist billig?" Verkäufer: "Das ist gegenüber der Konkurrenz eine Unverschämtheit. Damit machen sie alle kleineren Läden kaputt!" Kunde: "Wenn Du das sagst, dass das günstig ist, fahr ich da jetzt auch noch mal hin und kaufe es doch. Danke!"

Und dann war da noch der Kunde, der beim Stöbern im Laden sagte: "Ich glaube, hier komme ich irgendwann mal her."

Noch ein Wort zu dem Titel Ihres Buches, lieber Herr Becher: "Wo sind die normalen Menschen?" Was ist denn schon normal? Da gibt es diese Szene in dem Film "Ballermann 6" mit Tom Gerhardt: Er macht Urlaub auf Mallorca und findet nach längerer Suche den Ballermann. Hier das dort übliche Publikum: Grölende junge Männer mit Eimern und Strohhalmen. Einer trinkt gerade einen Liter Bier auf Ex aus und kippt anschließend um. Erleichterter Kommentar von Tom Gerhardt: "Endlich normale Leute." Was lernen wir daraus? Die "normalen Leute" finden Sie auf Mallorca, El Arenal, Ballermann 6. Und ich gehe jede Wette ein, lieber Herr Becher, dass Sie dort auch eine Menge Ihrer Kunden wiederfinden.

Beste Grüße

Damian Sicking

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