Die Suche nach neuer Energie

Messungen von Helium-Isotopen könnten künftig versteckte geothermische Lager aufdecken. Allerdings sind die Untersuchungsverfahren noch sehr teuer.

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Von
  • Peter Fairley

Die meisten Geothermiekraftwerke auf der Erde setzen auf die relativ seltenen, dafür aber leicht zu entdeckenden heißen Quellen, die mit früherer wie aktueller vulkanischer Aktivität in Verbindung stehen. Das macht die Energieform zu einer Nischentechnik in der globalen Wirtschaft. Sie funktioniert gut in Ländern wie Island und einigen anderen spezifischen geographischen Regionen, doch in den meisten Ländern der Erde wird sie gar nicht genutzt. Der Grund: Ohne heiße Quellen oder Vulkane sind die passenden Bohrstellen nur schwer zu finden. Im Dezember publizierten nun zwei Geochemiker ein Paper, das das ändern konnte: Sie zeigten, wie hochempfindliche Detektoren Spuren von Helium an der Oberfläche finden können – mit Hilfe der Massenspektrometrie. So könnten sich interessante Plätze leichter auffinden lassen, an denen sich die Wärme aus der Tiefe leicht anzapfen lässt.

Mack Kennedy, ein leitender Wissenschaftler am Lawrence Berkeley-Nationallabor, führte die Versuche mit seinem Kollegen Matthijs van Soest von der "School of Earth and Space Exploration" an der Arizona State University durch. Dabei wurde die Menge an Helium-Isotopen gemessen, um Bereiche vorherzusagen, in denen das Gestein bis tief in den Untergrund durchlässig ist. Wasser wandert durch solche Regionen wesentlich leichter, was zu einer Wärmezirkulation aus dem Erdmantel führen kann oder Wärme durch radioaktive Zerfallsprozesse in der Erdkruste nach oben bringt. "Wir haben hier eine riesige Ressource vor uns. Nun können wir endlich sagen, wo es eine gute Durchlässigkeit gibt", sagt Kennedy. An diesen Plätzen lohne es sich dann, nach natürlichen Erdwärmevorkommen zu suchen.

Die Arbeit könnte ein wichtiger Schritt bei den aktuellen Bemühungen auf der ganzen Welt sein, das potenziell riesige Potenzial an geothermischer Energie zu erschließen. Dabei wird mit heißem Wasser Dampf erzeugt, um Turbinen zur Stromerzeugung anzutreiben. Laut einer aktuellen Analyse des US-Energieministeriums, die von Forschern am MIT und der Southern Methodist University geleitet wurde, könnten geothermische Systeme allein in den USA über die nächsten 50 Jahre rund zehn Prozent des Strombedarfs decken. Aktuell landet die Energiequelle bei weniger als einem Prozent. Eine Herausforderung beim Ausbau der Nutzung war stets, Gesteinsformationen zu finden, die die richtige Kombination aus Durchlässigkeit und Wärme boten. Genau hier könnten Kennedy und van Soest helfen.

Die Suche nach erhöhten Helium-Werten im Boden wird bei der Erdwärme-Exploration schon lange eingesetzt. Das Helium entsteht in der Erdkruste aus dem radioaktiven Zerfall von Uran oder Thorium, wandert dann nach oben und landet schließlich in der Atmosphäre. Erhöhte Helium-Werte können also darlegen, wo die Erdkruste gut durchlässig ist. In ihrer Studie zeigten die beiden Forscher nun erstmals, dass Helium-Isotope auch Gebiete darstellen können, wo die Durchlässigkeit bis hinunter in den superheißen Erdmantel reicht – selbst in Regionen, wo keine Lava fließt.

Die Geochemiker untersuchten dazu den Anteil von Helium-4 und seinem weit selteneren Cousin Helium-3. Die Erdkruste enthält im Durchschnitt nur ein Helium-3-Atom für 100 Millionen Helium-4-Atome. Doch Helium-3 ist 1000 Mal häufiger im Erdmantel vertreten. Kennedy und van Soest fanden erhöhte Helium-3-Werte in Wasser, das durch das Erdwärmekraftwerk im Dixie Valley in Nevada gepumpt wurde – einer Gegend, die seit 30 Millionen Jahren keine vulkanischen Aktivitäten mehr kannte. Es handelt sich um eine Art Insel: Nur in diesem Bereich war das Helium-4 nachzuweisen.

Die Geochemiker glauben, mit dem Beispiel Dixie Valley demonstrieren zu können, dass das Aufbrechen der normalerweise undurchdringlichen Barriere zwischen Erdmantel und Erdkruste ein natürliches geothermisches System herstellen kann.

Sie spekulieren, dass diese Brüche, wenn sie einmal aufgerissen wurden, sich mit Flüssigkeiten hohen Drucks füllen, die das Helium zusammen mit viel Hitze an die Oberfläche befördern. Die Hitze generiert wiederum einen Wärmekonvektionszyklus in der Kruste, in dem erhitztes Grundwasser an die Oberfläche steigt. Diese Wärme wird abgegeben und das Wasser zirkuliert wieder nach unten.

"Dixie Valley ist ein sehr produktives Erdwärmefeld", sagt Kennedy. Die Frage sei nun, ob alle Helium-Anomalien potenzielle geothermische Quellen darstellten. "Dazu müsste jemand hinausgehen und entsprechende Erkundungen anstellen. Ich würde ihm aber immer raten, zuerst an den Stellen mit den Anomalien zu suchen."

MIT-Chemieingenieur Jefferson Tester, der das Geothermie-Panel für das US-Energieministerium leitete, sagt, dass das Verhältnis Helium-3 zu Helium-4 das Potenzial habe, als geothermischer Indikator zu dienen. Als letzter Test seien aber vermutlich immer eine Probebohrung und hydraulische Verfahren notwendig.

Andere Forscher sind ähnlich vorsichtig. Albert Genter, Wissenschaftskoordinator bei einem modernen Erdwärmeprojekt im französischen Elsass, das von einem Konsortium aus europäischen Energiefirmen geleitet wird, glaubt, dass die Helium-Isotope in wenige geodynamischen Regionen weniger gut zur Vorhersage dienen könnten: "Die Übertragung der Ergebnisse scheint mir nicht offenkundig."

Kennedy stimmt dem durchaus zu und meint, der nächste Schritt müsse nun sein, die Untersuchung der Helium-Isotope auszuweiten. Das könnte kurzfristig schwierig werden. Die Messung ist teuer – die Wissenschaftler können die schwachen Helum-3-Signale in ihren Proben nur dann genau messen, wenn sie ihre Ausrüstung mit Pumpen reinigen, die 1000 Mal stärker sein müssen als bei herkömmlichen Massenspektrometrie-Geräten. "Man braucht ein sehr dichtes, sauberes System", sagt Kennedy. Das führt dazu, dass ein einzelner Test inklusive dem Herausfiltern von Hintergrundsignalen zwischen 2000 und 3000 Dollar pro Probe kostet. Eine weitere Automatisierung könnte diesen Preis zwar auf unter 1000 Dollar bringen. Doch auch das wäre noch sehr teuer, wenn man bedenkt, was die USA derzeit in die Erdwärmeforschung stecken: Keinen Cent. (bsc)