Stromloser Hybrid-Motor

Ein neuartiges Fahrzeugaggregat kombiniert Zweitakter und Viertakter und soll so den Treibstoffverbrauch deutlich senken.

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Von
  • Duncan Graham-Rowe
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Britische Forscher haben ein neues Antriebsaggregat entwickelt, das dank eines verbesserten Verbrennungsmotors deutlich bessere Verbrauchswerte erreichen soll. Die Technologie kombiniert Zweitakt- und Viertakt-Motor und kann zwischen beiden Modi automatisch wechseln. So sollen sich bis zu 27 Prozent Sprit sparen lassen.

Der Effizienzsprung ergäbe sich vor allem aus der Verkleinerung des Motors, sagt Neville Jackson, Technologiedirektor des Spezialanbieters Ricardo UK, der die Technologie entwickelt. "Ein kleiner Motor verursacht intern weniger Reibung und liefert dadurch bessere Verbrauchswerte."

Das Problem: Kleine Fahrzeugmotoren, die normalerweise die altbekannte Viertakttechnik verwenden, bieten oft nur wenig Leistung. Besonders bei niedrigen Geschwindigkeiten mit hoher Zuladung wird es schwierig, etwa beim Beschleunigen am Berg. Schaltet der Fahrer nicht schnell genug herunter, wird der Motor abgewürgt.

"Viertakter sind am effizientesten, wenn man Gas gibt. Bei Zweitaktern ist das genau umgekehrt", erklärt Robert Kee, Maschinenbauexperte an der Queen's University im nordirischen Belfast, der auf Verbrennungsmotoren spezialisiert ist. Beim Viertakter ergeben sich vier Phasen: Ansaugen, Verdichten, Arbeiten und Ausstoßen. Beim Zweitakter wird dies hingegen mit nur zwei Kolbenbewegungen erledigt. Zweitaktmotoren sind vom Aufbau her einfacher und besitzen eine höhere Leistung bei hoher Zuladung und geringen Geschwindigkeiten. Traditionelle Zweitakter benötigen allerdings ein Benzin-Öl-Gemisch und produzieren deshalb mehr Abgas. Aus diesem Grund verwendet man sie kaum mehr in Fahrzeugen. Stattdessen stecken die Motoren gerne in leichterem Gerät – vom Rasenmäher bis zum Mofa.

Ricardo UK hat nun einen Kolbenboden entwickelt, der sowohl im Zweitakt- als auch im Viertakt-Modus arbeitet und zwischen beiden Zuständen automatisch wechseln kann – je nachdem, welche Leistung der Fahrer gerade abruft. Das heißt, dass man auch mit kleineren Motoren Situationen mit geringer Geschwindigkeit bei hoher Last meistern kann, ohne dass das Fahrzeug stottert.

"Das ist ein interessantes Konzept", meint Martti Larmi, Chef des Verbrennungsmotorlabors an der Technischen Universität Helsinki. Die größte Herausforderung dabei sei es, den Auslassprozess zu perfektionieren, bei dem das verbliebene Gasgemisch aus dem letzten Verbrennungszyklus herausgeführt und durch Frischluft und Brennstoff ersetzt wird. "Es muss an der Ansaugseite ein Druck aufgebaut werden, damit die Gase herausgepresst werden, die bereits verbrannt wurden", sagt Larmi.

Bei einem traditionellen Zweitaktmotor sorgen die Kräfte, die beim Ansaugen von Treibstoff und Luft herrschen, für den Ausstoß. Dieser Prozess führt allerdings dazu, dass auch nicht verbrannter Treibstoff verloren gehen kann, was wiederum die Abgaswerte erhöht. Viertakter setzen hingegen auf ein gesteuertes Ventil, das die Aufwärtsbewegung des Kolbens nutzt. Mit dem nächsten Takt kommen wieder Luft und Treibstoff in den Zylinder, während das Abgasventil geschlossen bleibt.

Ricardo UKs Motor, der auf den Namen "2/4SIGHT" hört, nutzt Ventile wie ein Viertaktmotor, doch im Zweitaktbetrieb bleiben sowohl Ansaug- als auch Ausstoßventil gleichzeitig offen, damit Treibstoff und Luft im Zylinder mit jedem Zyklus erneuert werden können – und nicht nur mit jedem zweiten.

In der Industrie herrscht schon länger Interesse daran, einen Zweitakter mit geringen Emissionen zu bauen. Der war bislang allerdings nur schwer zu perfektionieren, weil so wenig Zeit bleibt, das Luft-Treibstoff-Gemisch hinein und die Abgase aus dem Zylinder herauszubefördern, wie Larmi sagt. "Die Gefahr hier war stets, dass die Frischluft direkt durch das Auslassventil geblasen wird."

Ricardo UK setzt deshalb auf einige Tricks, um das Problem zu umgehen. Zum einen ist der Lufteinlass vom Abgasventil weg gerichtet, um das direkte Abfließen aus dem Zylinder zu verhindern. Außerdem wurden die mechanisch gesteuerten Ventile gegen elektrohydraulische ersetzt, die sich genauso wie die Einspritzanlage per Software kontrollieren lassen.

Experte Kee weiß von einigen Autoherstellern, die sich seit längerem für die Technik interessieren. "Es gibt aber jede Menge Herausforderungen." Und so versuchten bereits in den Achtziger- und frühen Neunzigerjahren Toyota und Ricardo UK ihr Glück, das Problem zu lösen.