Mit Handy-Freiminuten gegen TB

Ein ungewöhnliches Hilfsprogramm soll in Entwicklungsländern dafür sorgen, dass Patienten sich an langwierige Therapiepläne gegen Tuberkulose halten.

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Von
  • Emily Singer

Ein neues Hilfsvorhaben, das kostengünstige papierbasierte Diagnosekits mit aktueller Mobilfunktechnologie verknüpft, soll demnächst im Kampf gegen die Lungenseuche Tuberkulose (TB) in Entwicklungsländern eingesetzt werden. Erdacht von Ingenieuren, Wirtschaftswissenschaftlern und Unternehmern des "Innovations in International Health"-Programms (IIH) am amerikanischen MIT, belohnt das Projekt Patienten, die sich einer langwierigen TB-Therapie unterziehen, mit kostenlosen Handy-Gesprächsminuten. Das Vorhaben mit dem Namen "XoutTB" wurde bereits erfolgreich in Feldtests in Nicaragua erprobt; ein größeres Pilotprojekt startet in diesem Monat in Pakistan.

TB betrifft noch immer Millionen von Menschen auf dem ganzen Planeten: 9,2 Millionen Neuansteckungen wurden allein 2006 gezählt und 1,7 Millionen Menschen starben an der Krankheit, heißt es in der Statistik der Weltgesundheitsorganisation WHO. Die Infektion lässt sich zwar inzwischen mit Antibiotika gut behandeln, doch Betroffene müssen die Medikamente sechs Monate lang täglich einnehmen, bevor die Krankheit wirklich besiegt ist. Weil die Therapie aber auch unangenehme Nebenwirkungen wie Unwohlsein beinhaltet, hören viele Patienten mit der Einnahme der Antibiotika auf, sobald die TB-Symptome etwas abklingen. So wird die Behandlung viel zu oft bereits nach wenigen Monaten abgebrochen. "In Pakistan und anderen Ländern sorgt diese niedrige Durchhalterate dafür, dass inzwischen resistente Erregerstämme entstehen", sagt Rachel Glennerster, Exekutivdirektorin des "Poverty Action Lab" am MIT.

Die Hauptstrategie der örtlichen Gesundheitsbehörden dagegen lag bislang darin, Programme aufzulegen, bei denen medizinisches Personal die Einnahme überwacht, also entweder täglich bei den Patienten vorbei sieht oder von ihnen verlangt, täglich in eine Klinik zu kommen. Das verursacht jedoch hohe Kosten und organisatorische Probleme.

Jose Gomez-Marquez, IIH-Programmdirektor, hat deshalb zusammen mit seinen Kollegen einen einfachen papierbasierten Test entwickelt, der Stoffwechselprodukte typischer TB-Medikamente nachweisen kann. Die Teststreifen werden von einer Maschine alle 24 automatisch Stunden ausgegeben. Kommt das Papier mit dem Urin des Patienten in Kontakt, reagieren die Stoffwechselprodukte mit den enthaltenen Chemikalien. Die Reaktion deckt einen Code auf, den der Patient dann jeden Tag per SMS von seinem Handy an eine zentrale Datenbank schickt. Diejenigen, die ihre Medikamente 30 Tage lang durchgehend einnehmen, werden anschließend mit Mobilfunkfreiminuten belohnt.

"Das Schöne an diesem Ansatz ist, dass er die neuesten Forschungsergebnisse aus dem Bereich der Psychologie der Therapietreue einbezieht", sagt Glennerster. Wissenschaftler hätten herausgefunden, dass Patienten zwar auf Erinnerungen und Fristen zur Medikamenteneinnahme ansprechen würden, dabei aber besonders auf kleine und schnell erreichbare Anreize reagierten. "Größere und in der Ferne liegende Vorteile der Therapie interessieren sie hingegen psychologisch anscheinend weniger."

Dass die Technik funktioniert, zeigte der Feldversuch in Nicaragua. Dort arbeiteten die IIH-Forscher mit örtlichen Wissenschaftlern zusammen, um die Genauigkeit der Teststreifen zu verbessern, indem Urinproben von zahlreichen TB-Patienten genommen wurden. Ebenfalls untersucht wurde die Robustheit der Ausgabegeräte, um sicherzustellen, dass sie problemlos gelagert werden können und auch unter subtropischen Bedingungen funktionieren.

Als nächstes soll nun eine größere Untersuchung im pakistanischen Karachi beginnen. Dort arbeiten die Forscher mit dem Zentrum für Gemeindeentwicklung der Stadt zusammen. Beginnen werden sie mit 30 Patienten, wollen die Studie dann aber bald auf 1000 Personen ausdehnen. So soll auch ein direkter Vergleich zwischen herkömmlichen Methoden zur Compliance-Überwachung und der neuen Mobilfunktechnologie gezogen werden können. (bsc)