Die Do-it-yourself-Befruchtung

Forscher arbeiten an einer Methode, bei der unfruchtbare Frauen und Männer zu ihren eigenen Eizellen- und Spermien-Spendern werden.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Lauren Gravitz

Bei Paaren, denen es nicht zu gelingen scheint, schwanger zu werden, liegt der Hauptgrund zumeist in einer schlechten Eizellen- oder Spermienqualität. Dabei erreichen dann die Spermien die Eizelle nicht oder können sie bei ihrer Ankunft nicht befruchten. Oder die Eizellen sind selbst nicht befruchtungsfähig oder die Einnistung in der Gebärmutterschleimhaut schlägt schließlich fehl.

Forschern ist es nun erstmals gelungen, aus erwachsenen Zellen Vorläuferzellen für Eizellen und Spermien zu machen. Dies könnte eines Tages unfruchtbaren Paaren dabei helfen, ein Kind zu zeugen, das ihr Erbgut teilt.

Amanda Clark, Entwicklungsbiologin an der University of California, Los Angeles, schuf die Vorläuferzellen aus einer bestehenden Linie induzierter pluripotenter Stammzellen (iPS). Diese besitzen die Fähigkeit, sich in nahezu jeden Gewebetyp zu verwandeln und gelten als idealer Kandidat in der so genannten regenerativen Medizin. Bislang konnte allerdings noch niemand zeigen, wie man die iPS so manipuliert, dass sie ihre innere Uhr zurücksetzen und sich wieder in das Keimzellenstadium begeben. Bei embryonalen Stammzellen wurde dieser Vorgang hingegen schon gezeigt.

Unfruchtbare Paare benötigen heute noch fremde Eizellen- oder Spermienspender. Durch die Verwendung von iPS werde man nun zu seinem eigenen Helfer, sagt Clark. "Unsere Forschung ist zwar noch viele Jahre davon entfernt, einen Zelltyp zu schaffen, der befruchtet werden kann und so zu einem gesunden Kind führt. Doch das ist einer der ersten Schritte."

Die Studie macht auch noch einmal die Unterschiede zwischen embryonalen Stammzellen und iPS deutlich, die erst seit einem viel kürzeren Zeitraum erforscht werden. Als Clark das Entwicklungspotenzial von iPS mit dem der embryonalen Stammzellen verglich, fand sie heraus, dass letztere in Vorläuferzellen für Eizellen und Spermien resultierten, die deutlich gesünder waren und weniger Chromosom-Veränderungen aufwiesen. (Dieser Unterschied könnte ein großes Problem bei der Nutzung von iPS zur Befruchtung werden.) "Weil das erwünschte Ziel der Verwendung dieser Zellen die Schaffung eines gesunden Babys ist, stellt die Qualität der Keimzelle eine wichtige Voraussetzung dar", sagt Clark. Deshalb sei es wichtig, Testverfahren zu entwickeln, die dies sicherstellten, bevor es zu einer Verwendung komme.

"Es gibt hier eine echte Gefahr: Schafft man eine Keimzelle, die nicht okay ist, schadet man Menschen, anstatt ihnen zu helfen", sagt Peter Donovan, Co-Direktor am Sue and Bill Gross Stem Cell Research Center der University of California, Irvine. "Das zeigt, dass wir hier noch vorsichtiger sein müssen."

Clark glaubt, dass die Qualität der iPS-Keimzellen viel damit zu tun haben, wie die Originalzelllinie selbst entstand. Vor zwei Jahren verwendeten Forscher noch hauptsächlich eine Methode, die ein Virus nutzt, um genetische Veränderungen vorzunehmen, die notwendig sind, eine erwachsene Zelle umzuprogrammieren. Dieses Virus setzt sich selbst in die DNA der Zelle ein und kann beispielsweise Krebs hervorrufen. Neuere Technologien haben allerdings bereits iPS geschaffen, ohne dass Virus-DNA integriert würde. "Wir würden gerne diese moderneren, aktuellen iPS-Zellen verwenden, um zu testen, ob die molekulare Integrität der daraus gewinnbaren Keimzellen besser ist", sagt Clark.

Renee Reijo Pera, Direktorin am Stanford University Center for Human Embryonic Stem Cell Research and Education, hält Clarks Forschung für sehr interessant. "Ich denke, dass die Technik ein fantastisches Werkzeug für die Humangenetik und einige mögliche Behandlungsformen sein könnte." Sie warnt allerdings davor, dass es sich um einen sehr frühen Schritt handelt. Forscher hätten mit embryonalen Stammzellen bereits viel länger gearbeitet und könnten sie noch immer nur zu Vorläufer-Keimzellen verwandeln. "Der nächste Schritt muss noch kommen und das ist die Schaffung ausgebildeter Eizellen und Spermien. Das war bislang das Hauptproblem."

Trotz dieser Warnungen sehen Donovan und Pera Clarks Arbeit als wichtigen Fortschritt an. Die Untersuchung von Keimzellen aus iPS im Reagenzglas könnte den Forschern ein besseres Verständnis für den Prozess vermitteln, bei dem Keimzellen entstehen. "Das allein könnte einen großen Einfluss auf das Wissen über die Ursprünge der Unfruchtbarkeit haben", sagt Donovan. Und das wiederum könnte helfen, Auswirkungen bestimmter Giftstoffe auf den sich entwickelnden Embryo abzuklären. "Wenn wir wissen, wie die Embryo- und Föten-Phase durch die Umwelt beeinflusst werden, können wir auch herausfinden, wie wir die Keimzelllinien bei ihrer Entwicklung am besten schützen." (bsc)