Windows überspringen

Die Software Presto lädt einen Browser und andere zentrale Programme in Sekunden - und zwar auch auf älteren PCs.

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Von
  • Kate Greene

Tausende Arbeitsstunden vergehen jedes Jahr ungenutzt, während Büroarbeiter darauf warten, bis ihre Rechner hochgefahren sind. Ein Windows-PC kann mehrere Minuten benötigen, bis er nutzbar ist – und braucht ähnlich lange beim Herunterfahren. Ist der PC etwas älter, kann es schon einmal zehn Minuten dauern, in Extremfällen gar 30. Das ist inzwischen sogar gerichtsbekannt: In den USA stritten sich Angestellte mit ihrem Arbeitgeber, um für die dabei vergeudete Zeit eine Vergütung zu erhalten.

Eine Software namens Presto soll nun eine Alternative für alle Entnervten bieten. Auf der Demo-Konferenz im kalifornischen Palm Desert erstmals einem größeren Publikum vorgestellt, ist sie eines von gleich mehreren Produkten, die dafür sorgen sollen, dass die Menschen schneller mit ihren Rechnern arbeiten können. Mitspieler auf dem Markt sind unter anderem Intel, HP und DeviceVM, die Bootzeiten von weniger als 30 Sekunden, manchmal sogar nur 10, versprechen.

Wird ein Rechner mit Presto angeschaltet, hat der Nutzer zunächst die Option, ob er Windows oder Presto laden will. Entscheidet er sich für letzteres, ist das System in wenigen Sekunden verfügbar. Es erscheint eine Taskleiste und Icons für verschiedene Anwendungen, darunter ein Browser, eine Instant-Messaging-Anwendung und die Internet-Telefonielösung Skype. Will der Nutzer zu Windows wechseln, kann er sich aus Presto ausloggen und die Maschine ganz normal starten.

Eine Beta-Version der Software ist im Web verfügbar, im April wird sie dann für 19,95 Dollar verkauft. Die Idee dahinter stammt von Xandros, einem auf Linux spezialisierten Hersteller aus New York. Kein Wunder deshalb, dass auch Presto auf dem freien Betriebssystem basiert.

Größter Unterschied zu anderen Instant-on-Produkten wie DeviceVMs Splashtop ist die Tatsache, dass das Produkt nicht in die Rechnerhardware integriert sein muss – Download und Installation reichen zur Nutzung. Das bedeutet auch, dass PC-Besitzer Presto unabhängig von ihrem Gerät verwenden können. Selbst alte Laptops und Desktops können laut Xandros so zu schnellen Internet-Zugangspunkten umfunktioniert werden. Ein Online-Anwendungsshop erlaubt es außerdem, weitere Software für Presto nachzuladen – etwa Spiele, Medienabspieler oder andere Werkzeuge.

Einer der Hauptgründe, warum moderne Betriebssysteme so lange beim Booten brauchen, liegt an ihrer Größe: Eine große Menge an Code muss gelesen werden, wenn der Rechner erstmalig eingeschaltet wird. Presto ist als Programm an sich schon einmal kleiner und braucht nur ein paar Hundert Megabyte an Speicher, wie Jordan Smith, Produktmarketingmanager bei Xandros, erläutert. Vista, das aktuelle Microsoft-Betriebssystem, benötige dagegen mindestens 15 Gigabyte freien Festplattenplatz.

Rahul Sood, Cheftechniker bei der HP-Marke Voodoo, meint, dass moderne Betriebssysteme außerdem viel Zeit für den Verbindungsaufbau zur Hardware benötigten, damit die Software im Betrieb schnell genug sei. Er sieht aber die Hoffnung, dass die nächste Windows-Version 7 diese Probleme angeht und "insgesamt einen großen Unterschied ausmachen wird".

Bei der Installation von Presto wird die Maschine zunächst analysiert und Hardwarekomponenten wie das DVD-Laufwerk oder die Netzwerkkarte erkannt. "Bei der Installation finden wir heraus, was der Nutzer hat und installieren nur die Software, die er braucht", sagt Smith. Treiber für zahllose andere Geräte würden keinen Platz auf der Festplatte verstopfen.

Da viele Anwendungen bereits heute über das Web laufen, glaubt Smith daran, dass Nutzer von Presto viele Aufgaben bereits durch den vorhandenen Browser erledigen könnten. "95 Prozent der Nutzer schauen ständig ins Web", meint er. Müssten Dokumente aus einer E-Mail gelesen werden, könnten Presto-Nutzer sich die Microsoft Office-Alternative Open Office herunterladen. "Man braucht einen Browser und eine Netzwerkverbindung. Man braucht nicht die Ressourcen, damit ein schnelles Ballerspiel läuft." (bsc)