Die durchsichtige Stromquelle

Ein Forscher-Team hat transparentes Nanopapier modifiziert, so dass es selbst Energie generiert. Das könnte den Weg zu Papier-basierter Elektronik ebnen, die keiner externen Stromquelle bedarf.

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Ein Forscher-Team hat transparentes Nanopapier modifiziert, so dass es selbst Energie generiert. Das könnte den Weg zu Papier-basierter Elektronik ebnen, die keiner externen Stromquelle bedarf.

Papier mit eingebetteter Elektronik herzustellen, daran arbeiten Forscher bereits seit einigen Jahren. Sie versprechen sich davon leichte, flexible und in der Herstellung kostengünstige Geräte. Das Ziel dieser Forschung ist es, auf Kunststoff und Glas als Trägermaterial für elektronische Schaltkreise zu verzichten und stattdessen auf Papier als nachwachsenden Rohstoff zu setzen.

Eine Schlüsselrolle spielt dabei so genanntes Nanopapier. Im Unterschied zu normalem Papier mit seinen Mikrometer breiten Fasern sind beim Nanopapier die verwobenen Zellulose-Fasern nur noch wenige Nanometer breit. Die Zellulose wird aus Pflanzenfasern gewonnen und bildet als Zellstoff eine wichtige nachwachsende Ressource in der Papierherstellung. Das Nanopapier ist durch die feineren Fasern nahezu transparent und besitzt eine glatte, fast plastikartige, Oberfläche. Es bietet so optimale Voraussetzungen, um sehr feine elektronische Leiterbahnen aufzutragen.

Doch trotz dieser praktischen Parameter benötigen Nanopapier-basierte Entwicklungen stets eine externe Stromquelle, um zu funktionieren. Bis jetzt – denn Liangbing Hu von der University of Maryland, Jun Zhou von der University of Science & Technology im chinesischen Wuhan und weitere Kollegen wollen jetzt ein solches sich selbstversorgendes Elektronik-Gerät aus Nanopapier entwickelt haben, wie das Magazin Chemical & Engineering News berichtet.

Der transparente Nanopapier-Generator funktioniert nach dem Prinzip der elektrostatischen Induktion: durch die räumlichen Bewegungen von Ladungen entsteht elektrische Energie. Um das zu erreichen, haben die Forscher zwei Lagen Nanopapier mit Kohlenstoff-Nanoröhren benetzt und sie so zu Elektroden gemacht. Einen der beiden Nanopapier-Bögen bedeckten sie zudem mit einer 30 Mikrometer dicken Schicht aus transparentem Polyethylen (PE). Diesen Kunststoff hatten sie zuvor in einem Hochspannungsfeld negativ aufgeladen. Dann stapelten sie die Nanopapiere übereinander, dabei trennte die negative PE-Schicht die beiden Lagen. Zusätzlich entstand zwischen der PE-Schicht und der anderen Lage Nanopapier
ein Luftspalt, der für die Ladungstrennung von Bedeutung ist.

In der Folge drückten die Wissenschaftler diesen Nanopapier-“Stapel“ zusammen. Dabei verringert sich der Luftspalt und die negativ geladene PE-Schicht nähert sich dem unteren Nanopapier-Bogen an. Ein Ungleichgewicht in den Ladungen entsteht. Um das wieder auszugleichen, setzt ein Stromfluss über die auf dem Papier angebrachten Leiterbahnen ein. Ein kontinuierlicher Energiefluss entsteht durch das permanente Zusammendrücken und Loslassen der Papierschichten. Mehr als 54.000 Zyklen von Drücken und Loslassen hatte der Generator in Versuchen, den Forschern zufolge, überstanden. Sie haben mit einem 2 mal 2 Zentimeter großen Generator genügend Strom erzeugt, um ein kleines LC-Display aufleuchten zu lassen.

Was dem Forscher-Team im Kleinen gelang, soll künftig in vielen Bereichen zum Einsatz kommen. Denkbar wären etwa interaktive Bücher mit leuchtenden Schaltflächen, sensitive Oberflächen für Prothesen oder aber Sicherheitssysteme für Kunstwerke und Dokumente. So ließe sich das nahezu transparente Nanopapier zum Beispiel auf Gemälde-Oberflächen auftragen. Ein darauf angebrachter Sensor könnte dann einen Alarm auslösen, wenn er berührt wird. Fraglich ist, in wie fern die circa 95 prozentige Lichtdurchlässigkeit, die die Forscher angeben, die Optik des Gemäldes beeinträchtigt. Die Forscher selbst sehen jedoch in ihrer Energie-autarken Entwicklung einen ungetrübten Weg "für die Herstellung von Smart Paper und darauf basierender Elektronik". (jle)