Versilberte Kostensenkung

Ein neues Verfahren in der Fertigung von herkömmlichen Solarzellen könnte die Menge des benötigten Siliziums halbieren und die Produktionskosten deutlich verbilligen.

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Von
  • Kevin Bullis

Noch immer ist die Photovoltaik in der Herstellung keine ganz billige Technologie. Schuld daran ist Silizium, der Hauptbestandteil konventioneller Solarzellen. Obwohl es auf der Erde reichlich vorhanden ist, macht die Konkurrenz mit der Halbleiterindustrie, die ebenfalls auf hochreine Silizium-Wafer angewiesen ist, den Werkstoff teuer: Bis zu Dreiviertel der Kosten von herkömmlichen Solarzellen entfallen auf ihn. Eine neue Technik könnte nun dazu beitragen, die nötige Siliziummenge zu halbieren – und dadurch die Kosten deutlich zu senken.

Der Grund: Anders als bisher üblich werden die elektrischen Verbindungen zwischen den Silizium-Wafern im Tintenstrahldruck aufgetragen. Weil der präziser ist, wird weniger Leitermaterial als beim herkömmlichen Siebdruckverfahren benötigt. Und weil die Druckdüsen nicht in Kontakt mit dem Silizium kommen, könnten dünnere Wafer genutzt werden – was weniger Silizium bedeutet. Das Verfahren wurde von iTi Solar in Boulder im US-Bundesstaat Colorado entwickelt. Dessen Tintenstrahldrucker war ursprünglich für druckbare Elektronik – wie die Kontakte in Touchscreens– konstruiert worden.

Damit werden jetzt am National Renewable Energy Laboratory (NREL) in Golden, Colorado, erste Solarzell-Prototypen produziert. Praktisch: Die Druckmaschinen lassen sich in bestehende Fertigungsanlagen integrieren. Deshalb könnte das Verfahren innerhalb eines Jahres kommerziell eingesetzt werden, schätzt Maikel van Hest, Wissenschaftler am NREL, das die Maschine mitentwickelt hat.

In Silizium-Zellen bestehen die Leiterbahnen zwischen den Wafern aus Silber. Sie leiten die Elektronen weiter, die durch den photoelektrischen Effekt im Silizium in Bewegung gesetzt werden. Bringt man die Bahnen mittels Siebdruckverfahren auf, verwendet man eine Silber-haltige Paste. Das Material ist allerdings nicht so leitfähig wie die Silber-haltige Tinte im neuen Verfahren. Zudem sind wesentlich feinere Dimensionen möglich: Lag die Breite der Bahnen bislang bei 100 bis 125 Mikrometern, könne sie jetzt auf 35 bis 40 Mikrometer reduziert werden, sagt van Hest. Weniger Silber bedeutet nicht nur eine Kostenersparnis, angesichts der inzwischen begrenzten Reichweiten des Rohstoffes Silber ist ein geringerer Verbrauch auch nachhaltiger. Weiterer Vorteil: Dünnere Leiterbahnen schatten weniger lichtsammelnde Siliziumfläche ab, was die Ausbeute der Zellen steigert.

Am wichtigsten sei jedoch, so van Hest, dass das Tintenstrahlverfahren keine mechanische Kraft auf die Silizium-Wafer ausübe, die dann dünner gefertigt werden könnten. Bislang sind sie rund 200 Mikrometer dick. „Wenn Sie die beim jetzigen Stand der Technik dünner machen, können sie während der Verarbeitung brechen“, sagt van Hest. Bei einem kontaktlosen Aufbringen der Silberbahnen seien Waferdicken von 100 Mikrometern und weniger möglich. „Das heißt: Sie sparen 50 Prozent der Siliziumkosten.“

Das NREL habe sich aus zwei Gründen für die Drucker von iTi Solar entschieden. Zum einen arbeiten sie auf einen Mikrometer genau. Andere Geräte hätten eine Toleranz von 10 bis 15 Mikrometern. Zum anderen lasse sich die Konstruktion auf andere Tinten und andere Solarzelltypen anwenden – etwa auf Dünnschicht-Solarzellen aus Kupfer-Indium-Gallium-(di)Selenid (kurz: CIGS), die als viel versprechende neue Solarzell-Technologie gelten.

Die Idee, Tintenstrahldruck in der Herstellung von Solarzellen einzusetzen, ist nicht neu. „Das war schon vor zwei Jahren ein großes Thema“, sagt Bruce Morgan, Chef von iTi Solar. „Aber die ersten praktischen Ergebnisse haben dann doch viele entmutigt.“ Ein Problem war die zu geringe Auflösung, die die Düsen liefern konnten. Auch habe man die Verzerrungen im Silizium, die beim Druck entstanden, noch nicht ganz verstanden. Diese anfänglichen Probleme hat iTi Solar offensichtlich gelöst.

„Wir haben uns angeschaut, was die Technik kann – das ist ziemlich beeindruckend“, sagt Maikel van Hest. Sie könne von dem jetzigen Prototypen hochskaliert werden. Dafür müsse man nur die Zahl der Düsen vergrößern. Dann könnten auch viele Zellen auf einmal in einer kommerziellen Fertigung bearbeitet werden. "Wir halten die Ink-Jet-Technologie für interessant", bestätigt auch Stefan Dietrich, Sprecher des deutschen Solarzell-Herstellers Q-Cells, "da sie neben dem geringeren Materialverbrauch auch hohe Durchsätze bringen kann."

Für Frederick Bamberg, Forschungsingenieur der Deutschen Cell GmbH, einer Tochterfirma der SolarWorld AG, würde der berührungslose Druck der Leiterbahnen bereits bei den existierenden Wafer-Dicken eine Verbesserung darstellen: "Der zur Zeit im Siebdruck aufgewendete Druck führt auf einem gewissen Teil der Zellen zu feinsten Schädigungen – dies kann bis hin zu Bruch führen." Die Produktivität würde durch das Verfahren entsprechend gesteigert. "Wir werden sehr aufmerksam die Solarzellen-Laborergebnisse abwarten", sagt Bamberg. (nbo)