NSA-Skandal: USA hatten nichts gegen Herausgabe der NSA-Selektorenliste

Monatelang hat die Bundesregierung behauptet, Washington habe die Weitergabe der umstrittenen Selektoren-Listen an Bundestagsgremien untersagt. Das stimmt jedoch gar nicht, soll nun ein Mitarbeiter von US-Präsident Obama erklärt haben.

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Barack Obama

US-Präsident Obama habe die Weitergabe der Listen untersagt, hatte Angela Merkel immer betont. Das stimmt wohl nicht.

(Bild: dpa, Aude Guerrucci)

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NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Die US-Regierung hat der Bundesregierung gar nicht untersagt, die Liste mit kritischen NSA-Selektoren an Bundestagsgremien zu geben. Das zumindest meldet die Zeit unter Berufung auf die Aussage eines Mitarbeiters von US-Präsident Barack Obama.

Zwar habe das Weiße Haus Bedenken geäußert, aber eine Weitergabe der Listen an die Geheimdienst-Aufklärer nicht untersagt. In den Listen sind Suchbegriffe gesammelt, die die NSA dem BND gesendet hatte, damit der die in seine Überwachungssysteme einfügt, ohne aber zu sehen, dass die sich gegen deutsche und europäische Interessen richteten.

Verschiedene Untersuchungsgremien des Bundestags verlangen seit Monaten Einblick in diese sogenannten Selektoren. Die für die Freigabe zuständige Bundesregierung hatte die Weitergabe aber verweigert, angeblich weil die USA das untersagt hätten. Deshalb gebe es völkerrechtliche Bedenken, die aber auch nicht überall geteilt wurden.

Wenn dem nun die US-Regierung widerspricht, bleibt von der Argumentation des Bundesregierung nicht mehr viel übrig. Seit Juli sichtet der ehemalige Bundesrichter Kurt Graulich als Sonderermittler die Listen und soll den zuständigen Gremien dann Bericht erstatten. Gegen diese Vorgehensweise hat die G10-Kommission Klage vor dem Bundesverfassungsgericht angekündigt.

Dem zitierten Obama-Mitarbeiter zufolge hat die US-Regierung außerdem nie gedroht, die Geheimdienstkooperation mit Deutschland einzuschränken, sollte die Liste veröffentlicht werden. Das sei eine "absolute Mär". Misstrauen gegen den Politikbetrieb in Berlin gebe es aber in Washington durchaus. Wenn man davon ausgehen könnte, dass geheim bleibt, was geheim bleiben sollte, hätte man weniger Bedenken, so der Regierungsmitarbeiter. Aber erfahrungsgemäß, steht "bei Euch am nächsten Tag alles in der Zeitung". (mho)