Chaos Communication Camp 2015: Offenes WLAN muss sein

Wirklich offene WLAN-Infrastrukturen sind nur möglich, wenn sich die unklare Rechtslage ändert. Ulf Buermeyer von der Digitalen Gesellschaft forderte seine Zuhörer auf, sich aktiv für freie Netze einzusetzen.

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Siggi Pop (Sigmar Gabriel)

In Politikern wie dem Bundeswirtschaftsminister hat der Referent ein Teil des Problems erkannt.

(Bild: heise online/Borchers)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Detlef Borchers
Inhaltsverzeichnis

Am zweiten Tag des Chaos Communication Camp 2015 kritisierte der Jurist Ulf Buermeyer den Gesetzentwurf zur WLAN-Haftung des Wirtschaftsministeriums. Der Entwurf unterscheide zwischen berechtigten und unberechtigten Nutzern, erläuterte der Berliner Richter in einer Session kurz vor dem allgemeinen Mittagskoma im Camp. Das Gesetz fordere "zumutbare Maßnahmen" von Providern, ihre WLAN-Angebote abzusichern.

Noch sei es nicht zu spät, diesen Entwurf mit Korrekturvorschlägen zu verbessern, forderte Buermeyer sein Publikum auf: "Redet mit den Politikern, sprecht mit den Vertretern von Kommunen, die Stadtnetze haben wollen. Macht ihnen klar, was das Gesetz bedeutet. Offenes WLAN muss ausdrücklich erlaubt sein." Es sei ein Unding, dass für die berechtigte Nutzung eines Funknetzes ein Passwort verlangt werde, dieses Passwort aber von einem Gastwirt auf die Speisekarte gedruckt werden kann. Ebenso seien die "Vorschaltseiten" widersinnig.

Buermeyer stört sich an unklaren Formulierungen im Entwurf wie jener, die eine "Verschlüsselung des Routers" fordert. Hier habe ein Referent mit Halbwissen etwas falsch verstanden. Auch die Unterscheidung zwischen berechtigten und unberechtigten Nutzern sei unmöglich. Wenn es diese beiden Gruppen geben sollte, werde sicher ein Jurist argumentieren, dass man ein Gesetz allein deswegen brauche, um zwischen ihnen unterscheiden zu können. Das grundlegende Problem solcher Formulierungen sei die Abmahnindustrie, die solchermaßen vage Formulierungen zu ihrem Gunsten auslegt und Bürger mit Zahlungsaufforderungen einschüchtert.

Der Jurist, der Richter am Amtsgericht Berlin ist, hatte an einem alternativen Gesetzentwurf mitgearbeitet, den Grüne und Linke in den Bundestag eingebracht haben. Dieser fand keine Mehrheit. Buermeyer kritisierte Politiker wie Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), die von den digitalen Chancen schwärmen, dann aber Dinge vorschlagen, die für die Tonne sind.

In Gabriels Stellungnahme zum WLAN lauere die nackte Angst vor dem Internet (und die Angst vor der deutschen Sprache): "Ich meine, wir wollen ja keinen Aufruf starten, dass du anonym an bestimmten Orten in der Öffentlichkeit übers Internet Kriminalität vorbereiten kannst, wenn wir ein Gesetz gemacht haben, das dort sozusagen niemand mehr haftbar gemacht werden kann was dort stattfindet."

Proteste der netzpolitischen Szene würden durchaus Gehör finden, machte Buermeyer seinen Zuhörern Mut, benannte aber auch die Konsequenzen: "Falls sich das Gesetz nicht fixen lässt, müssen wir wieder tunneln. Das wäre ein bedauerlicher Fix."

(vbr)