Schlaue Fenster werden cool

Ein neuartiges Fensterglas kann sichtbares Licht ebenso gezielt blockieren wie wärmeerzeugendes unsichtbares.

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Von
  • Mike Orcutt

Ein neuartiges Fensterglas kann sichtbares Licht ebenso gezielt blockieren wie wärmeerzeugendes unsichtbares.

Fenster, die sich auf Knopfdruck dunkel schalten lassen, sind eine hübsche Sache – doch durchgesetzt hat sich die Technik auf dem Markt bislang noch nicht. Ein neues Verfahren könnte das nun ändern, hoffen Forscher.

Die sogenannten Smart Windows gibt es schon seit einigen Jahrzehnten. Noch sind sie teuer und nur für Nischenanwendungen im Einsatz, etwa den Fenstern des Boeing Dreamliner. Ihr Glas ist elektrochrom, ändert seine Farbe beim Anlegen einer elektrischen Spannung.

Bislang kommerziell erhältliche Smart Windows sind allerdings nicht sehr anpassungsfähig. Sie können stets nur die visuelle Komponente des Sonnenlichts blockieren, das unsichtbare Nahinfrarotlicht, das Wärme erzeugt, geht weiter hindurch.

Wissenschaftler um Delia Milliron, Professorin für Chemieingenieurwesen an der University of Texas in Austin, haben nun ein Fenster entwickelt, das neben dem sichtbaren Licht auch deren wärmeproduzierende Komponente filtern kann. Die Technik ist mittlerweile so ausgereift, dass es sich lohnt, sie zu kommerzialisieren: Milliron hat dafür ein Start-up gegründet, das plant, demnächst eine Prototypfabrikation aufzubauen.

Zentraler Aspekt des "Smart Window 2.0" ist eine Rahmenstruktur aus Nanokristallen, die aus einem elektrisch leitfähigen Material hergestellt wurde. Sie sitzt durchsichtig im Glas. Nanokristalle und das Glas selbst haben unterschiedliche optische Eigenschaften, die sich ändern, wenn sie unter Spannung stehen. Die Nanokristalle können das nahinfrarote Licht entweder durchlassen oder nicht, während das Glas sichtbares Licht blockiert oder durchlässt.

Das so hergestellte Nanoverbundmaterial kann 90 Prozent des nahinfraroten Lichts blockieren und 80 Prozent des sichtbaren Lichts. Neben den Standardmodi hell und dunkel gibt es auch noch einen Kühlungsmodus, der dabei hilft, ein Gebäude an heißen Tagen weniger stark aufzuheizen. Zwischen den verschiedenen Modi lässt sich in wenigen Minuten umschalten – schneller als jedes andere kommerzielle elektrochrome Fenster, das Milliron kennt. Kombiniert mit einem neuen, günstigeren Herstellungsverfahren ergibt sich ein vermarktbares Gesamtpaket, glaubt sie.

Heliotrope Technologies, wie Millirons Smart-Window-Start-up heißt, baut die Smart Windows anders als die bisherigen Hersteller, die momentan noch viel Ausschuss produzieren. Dort werden energieintensive Prozesse aus der Mikroelektronik verwendet. Heliotrope hat dagegen ein Verfahren entwickelt, bei dem eine Lösung auf einen Glasfilm aufgebracht wird. Das geht potenziell schneller und energiesparender.

Technisch arbeitet das Fenster ähnlich einer wiederaufladbaren Batterie. Ausgangspunkt ist ein transparenter, heller Zustand. Wird eine bestimmte Spannung angelegt (etwa durch Umlegen eines Schalters), werden die Nanokristalle geladen, was sie nahinfrarotes Licht absorbieren lässt. Steht das Fenster noch etwas länger unter Spannung, wird das Glas geladen, was wiederum die Verdunkelung auslöst. Eine Entladung bringt das Smart Window auf den durchsichtigen Zustand zurück.

In ihrer jüngsten Demonstration zeigten Milliron und ihre Kollegen, wie sich die Nanokristalle in einer speziellen Form anordnen lassen, damit Elektronen und Ionen sich schnell zwischen dem Glasmaterial und den Nanokristallen bewegen können. Das könnte die Schaltung enorm beschleunigen.

Ein weiterer Vorteil: Eine bräunliche Verfärbung, wie sie bislang in den Prototypen zu finden war, ist damit verschwunden, die Fensterfarbe ist bläulich neutral. Letzteres ist für Endkundenanwendungen sehr wichtig. Jason Holt, Präsident von Heliotrope, hofft, dass die ersten Produkte im Jahr 2017 auf den Markt kommen. ()