Die Neuerungen von Linux 4.2

Der neue Kernel bringt gleich zwei neue Grafiktreiber mit. Nach Ext4 bietet nun auch das F2FS eine Verschlüsselung direkt im Dateisystem. Über eine neue UEFI-Technik lässt sich bei der Systemaktualisierung auch die Firmware auf den neuesten Stand bringen.

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Von
  • Thorsten Leemhuis
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Linus Torvalds hat den Linux-Kernel 4.2 freigegeben. Zu dessen größten Neuerungen zählt der Treiber Amdgpu, über den der Kernel jetzt die "Volcanic Islands"-Grafikprozessoren von AMD unterstützt. Zu dieser neuen Generation von Radeon-GPUs gehören unter anderem der Chip auf der Radeon R9 285 sowie der Grafikkern, der in AMDs im Juni eingeführten Notebook-APUs "Carrizo" steckt.

Der neue Kernel-Grafiktreiber beherrscht nicht nur die Bildschirmkonfiguration und Bildausgabe, sondern offeriert auch Basisfunktionen für andere Treiber. Mit ihnen wird der 3D-Treiber Radeonsi von Mesa 11.0 die 3D-Beschleunigung von Volcanic-Islands-GPUs verwenden können. Diese im September erwarteten Mesa-Version erfordert dazu allerdings LLVM 3.7, das dieser Tage erscheint.

Diese Komponenten und der neue Kernel sollen noch in einige der im Herbst erwarteten Linux-Distributionen einfließen, die so AMDs neue GPUs automatisch ansprechen werden. Der Amdgpu-Kernel-Treiber beherrscht bislang allerdings das Takt- und Power-Management einiger Volcanic-Islands-GPUs nicht, daher laufen sie nicht mit der höchstmöglichen Taktfrequenz und liefern nur einen Teil der möglichen 3D-Performance. Zudem unterstützt der Treiber die Volcanic-Islands-GPUs nicht, die bei AMDs im Hochsommer eingeführter Grafikkartenserie Radeon R9 Fury zum Einsatz kommen; das soll sich mit Linux 4.3 ändern.

Auf den Amdgpu-Kernel-Treiber soll in Zukunft auch ein neuer proprietärer 3D-Treiber von AMD zurückgreifen. Dadurch ist kein eigener Kernel-Treiber mehr nötig, wie ihn AMDs proprietärer Catalyst-Treiber bislang mitbringt. Das soll Inkompatibilitäten zwischen AMDs proprietären Treiber und neuen Kernel-Versionen vermeiden; solche gibt es bei beim Kernel-Treiber von Catalyst bislang immer mal wieder, daher lässt er sich oft nicht unter Distributionen einrichten, die besonders junge Kernel-Versionen einsetzen.

In Linux 4.2 eingeflossen ist auch der Grafiktreiber Virtio-GPU; er verspricht die Interaktion zwischen virtuellen Maschinen (VMs) und Linux-Host zu verbessern und soll dabei auch die Grafik-Performance steigern.

Dazu kann ein als Gastbetriebssystem laufendes Linux mit dem neuen Treiber einen Grafikprozessor ansprechen, den das Anfang August erschienene Qemu 2.4 auf Wunsch bereitstellt. Anders als viele der anderen von Qemu emulierten Grafikprozessoren unterstützt die neue Kombination den Mehrschirmbetrieb und hohe Bildschirmauflösungen. Der neue Grafiktreiber kann zudem die Auflösung automatisch an die Größe des Fensters anpassen, das die Bedienoberfläche der VM zeigt.

Das bei der KVM- oder Xen-Virtualisierung oft eingesetzte Qemu und der neue Kernel-Grafiktreiber kommunizieren über Virtio. Dieses I/O Virtualization Framework wird bereits häufig beim Zugriff auf Netzwerk- oder Storage-Hardware verwendet, weil es Paravirtualisierungs-Techniken nutzt, über die Wirt und Gast sehr effizient Daten austauschen können.

Der federführende Entwickler von Virtio-GPU vermutet allerdings, dass Virtio vorerst keinen spürbaren Geschwindigkeitszuwachs bringt. Größere Bedeutung bekommt die effizientere Kommunikation erst mit der nächsten Ausbaustufe, bei der ein 3D-Treiber im Gast über Virtio-GPU auf manche 3D-Treiber des Hosts zurückgreifen kann, um so im Gast indirekt die 3D-Beschleunigung der Host-Hardware verwenden zu können. Diese als "Virgil 3D" entwickelten Verbesserungen sollen vermutlich noch in diesem Jahr in Kernel, Qemu und Mesa einfließen.

Der Linux-Kernel beherrscht jetzt UEFI-Techniken, um die Firmware des Mainboards und damit fest verbundenen Grafik-, Storage- oder Netzwerk-Prozessoren zu aktualisieren. Dazu unterstützt Linux 4.2 die EFI System Resource Table (ESRT) – eine kürzlich mit UEFI 2.5 spezifizierte Technik, über die Anwendungen die installierte Firmware-Version abfragen können. Zusammen mit dem schon älteren "UEFI Capsule Update" können Programme neuere Firmware-Versionen im UEFI-Speicher hinterlegen, die das UEFI-BIOS des Mainboards dann beim nächsten Systemstart einspielt. Das Ganze wird aber bislang von kaum einem Mainboard unterstützt.

Das Fedora-Projekt will solche Firmware-Updates beim für Oktober geplanten Fedora 23 unterstützen. Die Hauptarbeit soll dabei das Software-Verwaltungsprogramm von Gnome erledigen. Dazu hat dessen Entwickler einen noch als Beta eingestuften Webdienst "Linux Vendor Firmware Service" (LVFS) eingerichtet, bei dem Hardware-Hersteller ihre Firmware-Updates hinterlegen können; System-Aktualisierungsprogramme wie Gnome-Software sollen die Firmware-Updates dort finden und zur Installation anbieten.