"UMTS war der falsche Weg"

Fabio Zoffi von der Deutsche Breitbanddienste GmbH über die Überlegenheit von WiMAX gegenüber UMTS und die Ausbaupläne seines Unternehmens.

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Im Dezember hat die Bundesnetzagentur erstmals bundesweite Lizenzen für den Drahtlos-Internet-Dienst WiMAX vergeben. Von den drei Gewinnern der Auktion ist die Deutsche Breitbanddienste GmbH (DBD) der bekannteste - und der einzige mit ersten signifikanten Erfahrungen in Deutschland. Im Interview mit Technology Review spricht DBD-Chef Zoffi über die Ausbaupläne - und warum er glaubt, dass auch die Mobilfunker demnächst von UMTS auf WiMAX umschwenken werden.

Technology Review: Wenn man die Preise für die bundesweiten WiMAX-Lizenzen einmal mit dem einstigen Hype um UMTS vergleicht, wirken sie wie ein Schnäppchen. Sind sie tatsächlich eins?

Fabio Zoffi: Wenn man bedenkt, dass die WiMAX-Versteigerungserlöse gerade einmal 0,1 Prozent der UMTS-Erlöse darstellen...

TR: Sie betreiben WiMAX bereits in einigen ausgewählten Regionen. Wie waren dort die Erfahrungen, insbesondere was die Verlässlichkeit anbetrifft?

Zoffi: DBD betreibt bereits rund 30 Netze, darunter in Leipzig, Dresden, Berlin und Wuppertal. Mit der Verlässlichkeit haben wir bislang beste Erfahrungen gemacht. Die Produkte "MAXXonair Fun" und "MAXXonair Relax" wurden sogar vom TÜV zertifiziert und als "Breitband-Innovation mit ausgezeichnetem Preis-Leistungsverhältnis" bewertet. Die Nutzungsqualität, darunter auch die durchschnittliche Download-Übertragungsrate, wurde mit dabei sehr gut bewertet.

TR: Die WiMAX-Endkunden-Hardware ist bislang noch dünn gesäht. Wie stark muss Sie an die jeweilige Basisstation angepasst sein? Kommt die gesamte Hardware bislang nur von Intel?

Zoffi: Auf der Liste der Firmen, die WiMAX-Technologie herstellen oder entwickeln, sind praktisch alle Top-Player vertreten: Nokia, Motorola, Siemens, Alcatel, Samsung... Eine Anpassung der Endgeräte an die Basisstation ist nicht nötig, da es sich bei WiMAX um einen Standard handelt, sprich; IEEE 802.16. Unser WiMAX-Modem kommt von Airspan und wir stellen es dem Kunden gratis zur Verfügung.

TR: Wie viele Nutzer kann eine Basisstation abdecken? Wie teuer ist sie?

Zoffi: Eine Basisstation kann mehrere Hundert Kunden abdecken. Zu unseren Lieferantenpreisen möchten wir aber keine Aussagen machen.

TR: Und wo wird die Antenne platziert?

Zoffi: Unser WiMAX-Equipment wird in den Kundenräumen platziert. Die Installation ist sehr einfach.

TR: Die deutsche DSL-Landkarte hat ja noch jede Menge weiße Flecken, zumindest auf dem Land. In welchen Regionen wollen Sie antreten? Mit Ihrer Lizenz ginge das ja praktisch überall. Werden Sie erst das Interesse prüfen, und dann bauen?

Zoffi: Wir planen, bis 2011 in Deutschland eine praktisch flächendeckende Alternative zu festnetzgebundenem DSL und Mobilfunk anzubieten. Bereits seit 2004 bedienen wir erfolgreich sowohl ländliche Regionen als auch Großstädte. Diese Parallelstrategie werden wir fortsetzen.

TR: Wie wollen Sie das finanzieren?

Zoffi: Wir planen, insgesamt eine Milliarde Euro zu investieren. Unsere strategischen Investoren sind Intel und Merrill Lynch.

TR: Ist WiMAX tatsächlich die Antwort auf die ländliche "Digital Divide"?

Zoffi: Ja.

TR: Das müssen Sie uns näher erläutern.

Zoffi: Unterversorgte Gebiete sind aktuell eines der Segmente, in denen das Potenzial von WiMAX optimal genutzt werden kann: Durch Überspringen der Festnetzleitungen sind die Investitionen einfach viel niedriger als bei DSL.

Wir sind im ländlichen Raum unter der Marke "DSLonair" vertreten. Zugleich sind wir wegen unseres Preises auch in Ballungszentren extrem wettbewerbsfähig, da man ohne Telefonanschluss das Internet mit VoIP nutzen kann. Dort sind wir unter der Marke "MAXXonair" vertreten.

Unsere Vision geht aber noch weiter: Wie gesagt, wir werden bis 2011 das Netz praktisch flächendeckend ausbauen. Dies wird die Voraussetzung für die mobile Nutzung des Internets sein. Wir befreien die Internetnutzung von ihrer Ortsgebundenheit.

TR: Wie hat man sich den WiMAX-System-Aufbau vorzustellen? Wo bekommen Sie selbst das breitbandige Internet her, dass Sie dann an die Nutzer verteilen wollen, wenn die Basisstation auf dem Land steht?

Zoffi: Die Reichweite einer Basisstation beträgt theoretisch 50 Kilometer, in Städten 500 bis 1000 Meter. Der Anschluss an den Internet-Backbone erfolgt am PoP (Point of Presence), von dort aus gelangt die Verbindung zum Kunden und zurück über Funk. Unser Funknetz entspricht der Logik eines Mobilfunknetzes.

TR: Welche Datenraten werden Sie mit WiMAX konkret erzielen, wenn man realistisch bleiben will? Wie skaliert die Technik?

Zoffi: Aktuell realisieren wir 2 Megabit pro Sekunde asymmetrisch, für Geschäftskunden auch 2Mbit/s symmetrisch. Die Technik ist nach oben auf 8 Mbit/s skalierbar.

TR: Wie aufwendig ist die Technik, wenn tatsächlich große Nutzermengen abzudecken wären?

Zoffi: Es ist ähnlich wie beim Mobilfunk - es müssen einfach mehr Basisstationen eingerichtet werden.

TR: Sie selbst planen ein "Kostenlos"-Geschäftsmodell. Wie soll sich das tragen können? Über Werbung?

Zoffi: Wir werden im Laufe des ersten Quartals 2007 hierzu genau informieren.

TR: An der WiMAX-Auktion haben sich in Deutschland nur kleinere Player beteiligt. Wie erklären Sie sich das? Fürchtet man, dass es zu ähnlichen Problemen kommt wie bei früheren Internet-Funk-Diensten?

Zoffi: Weltweit gibt es mehr als 175 WiMAX-Anbieter, darunter auch sehr große Player wie Sprint Nextel, der WiMAX flächendeckend in den USA ausbauen wird. In Europa haben bereits British Telecom, Free (Frankreich), Telefonica, Telecom Italia, der bulgarische Incumbent BTC und Telekom Austria Interesse an WiMAX gezeigt oder sogar schon ein Spektrum erworben. Auf der Liste fehlen also nur noch die großen deutschen Player!

TR: Dennoch gibt es anscheinend kein wirkliches Interesse. Ist WiMAX für Telekom & Co. zu mühselig?

Zoffi: Die Großen haben bereits sehr viel Geld in andere Technologien investiert und können nun weitere Investitionen in eine neue Technologie vor ihren Aktionären kaum rechtfertigen. Wir sind jedoch davon überzeugt, dass diese Technologie die Technologie für das mobile Internet schlechthin sein wird. Außerdem erwarten wir, dass innerhalb der nächsten 24 Monate auch europäische Mobilfunkanbieter auf WiMAX setzen werden, da 3G die falsche Technologie für Broadband Wireless Data ist.

TR: Werden sich die Firmen, die bundesweite Lizenzen erworben haben, gegenseitig Konkurrenz machen?

Zoffi: Bisher sind wir der einzige WiMAX-Anbieter in Deutschland mit operativen Netzen und signifikanter Größe. Es wird noch einige Zeit dauern, bis sich dies ändern wird.

TR: Wie sieht Ihr Ausbau-Plan für die nächsten Monate aus?

Zoffi: Da kann ich nur wiederholen: Nähere Informationen werden wir im ersten Quartal 2007 geben. (nbo)