Effizienter Speicher für Sonnenenergie

Die Energieausbeute der Solartechnik hängt stark von den Lichtverhältnissen ab. Neuartige Wärmekraftwerke speichern Hitze in Form von Dampf, sollte die Sonne einmal nicht scheinen.

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Von
  • Peter Fairley

Fans der Sonnenenergie in den USA malen sich gerne aus, wie einige Hundert Quadratkilometer Kollektorenfläche in den heißen Wüsten des Südwestens das ganze Land mit Strom versorgen könnten. Die Idee hat allerdings einen großen Nachteil: Ohne Backup-Kraftwerke oder große Investitionen in gigantische Batterieanlage, Schwungräder oder andere Energie-Speichersysteme würde die Stromversorgung stark fluktuieren – nicht nur mit jedem größeren Wolkenband, das aufzieht, sondern auch mit Tag und Nacht und den jahreszeitlich bedingten Veränderungen bei der Lichtausbeute. Ausra, ein Solarenergie-Start-up aus dem kalifornischen Palo Alto, glaubt, nun eine Lösung für das Zwischenspeicherproblem gefunden zu haben: Kombinierte Solar- und Wärmekraftwerke, die aus Sonnenlicht Dampf erzeugen und die Wärme effizient auch für wolkige Tage vorhalten.

"Vertreter aus dem Bereich der fossilen Energieträger sagen uns oft, dass die Sonnenenergie sie nicht ersetzen könne, nicht in der Nacht funktioniere und somit nicht als echte Triebfeder der Wirtschaft dienen kann", meint David Mills, Ausra-Gründer und Verwaltungsratsvorsitzender. Das sei aber nur wahr, wenn man kein funktionierendes Speichersystem vorhalte. Solar-Wärmekraftwerke seien deshalb die Lösung, weil das Speichern von Hitze wesentlich leichter sei als das von Elektrizität. Mills schätzt, dass sich so durchaus 90 Prozent des aktuellen US-Energiebedarfs decken ließe – zu wettbewerbsfähigen Preisen im Vergleich zu Kohle und Erdgas, wie er meint. 16 Stunden Wärme kann die Ausra-Technologie aktuell speichern: "Es gibt nahezu kein Limit, wie viel Energie wir in das Stromnetz einspeisen könnten", meint Mills.

Solche und ähnliche Ideen haben bereits das Interesse großer Erzeuger geweckt. Im Juli unterschrieb der US-Kraftwerksgigant PG&E einen Vertrag mit dem Ausra-Konkurrenten Solel Solar Systems aus Israel, um 25 Jahre lang Energie aus einem 553-Megawatt-Sonnen-Wärmekraftwerk in der kalifornischen Mojave-Wüste zu beziehen. Die Anlage wird 400.000 Haushalte in den zentralen und nördlichen Teilen Kaliforniens versorgen, wenn sie 2011 ans Netz geht. Florida Power & Light hat Solel unterdessen damit beauftragt, ein bestehendes Solar-Wärmekraftwerk zu überholen, das der Energiekonzern aus dem Südosten bereits seit den Achtzigerjahren ebenfalls in der Mojave-Wüste betreibt.

Auch Ausra will bald erste Erfolge vorweisen können – aktuell verhandelt man mit PG&E über einen Liefervertrag aus einem 175-Megawatt-Kraftwerk, das ebenfalls in Kalifornien gebaut werden soll. 40 Millionen Dollar Risikokapital stehen dafür bereit.

Der Ansatz des Start-ups ist vergleichsweise einfach. Bei konventionellen Solar-Wärmekraftwerken wie denen von Solel wird eine lange Rinne aus Parabolspiegeln verwendet, um das Sonnenlicht auf ein Rohr mit einer Wärmeleitflüssigkeit zu lenken – zumeist ein Öl oder eine Lauge. Die Flüssigkeit produziert wiederum Dampf, um eine Turbine anzutreiben, die Strom erzeugt. Ausras Sonnenkollektoren setzen hingegen auf massenproduzierte, flache Spiegel – und sie richten das Licht auf Rohre, in denen Wasser enthalten ist, so dass Dampf ohne Zwischenschritte entsteht. Die Ausra-Kollektoren erzeugen so zwar insgesamt weniger Energie, doch sie kostet dann in der Produktion auch weniger.

Eine Testanlage mit einem Megawatt betreibt Ausra seit 2004 im australischen New South Wales. Dabei wird der erzeugte Dampf einfach in die Turbine eines bestehenden Kohle-Kraftwerkes geleitet. Der letzte Teil des Systems, ein eigenentwickeltes Wärme-Energie-Speichersystem, soll bis 2009 einsatzbereit sein.

Mills verrät nicht, welches Material dabei erhitzt werden wird. Die Konkurrenz, etwa bei einem Solar-Wärmekraftwerk im US-Bundesstaat Nevada und zwei weiteren in Spanien im Bau befindlichen Projekten, setzt auf Speicher in Form geschmolzenen Salzes. Dies sind kostengünstige Salzlösungen, die hohe Energiemengen absorbieren können, wenn sie schmelzen – und sie wieder abgegeben, wenn sie wieder erstarren.

Ausra will mit seinem Speichersystem vor allem die Energieerzeugungskosten senken. Das ist ungewöhnlich – normalerweise sorgt genau diese notwendige Speicherung dafür, dass die Kosten bei Strom aus Sonnen- und Windkraft mehr als doppelt so hoch sind.

Das Speichern von Wärme ist zwar effizienter als das von Elektrizität – nur zwei bis sieben Prozent der Energie geht verloren, während Batterien mindestens 15 Prozent "fressen". Wichtiger noch ist laut Mills aber die Tatsache, dass das Speichertechnik von Ausra die Verwendung billigerer Turbinen erlaubt.

So soll die Wärmespeicherung plus Massenproduktion der Komponenten und geringeren Kapitalkosten (sobald Banken richtig auf den Markt einsteigen) dazu führen, dass Ausra die aktuellen Preise von 10 bis 11 US-Cent pro Kilowattstunde auf längere Sicht halbiert. Bis 2010 erwartet Mills bereits, dass die aktuellen Energiekosten für Erdgas unterschritten werden, die in Kalifornien aktuell bei 9,2 US-Cent pro Kilowattstunde liegen.

Doch wie kommt es, dass Sonnen-Wärme-Kraftwerke noch so wenig Beachtung finden, wo sie doch so viel versprechend scheinen? John Boyes, Leiter des Bereiches "Energy Storage & Distributed Energy Resources" an den Sandia National Laboratories, hält die Technologie zwar für praktikabel, doch im Vergleich zu anderen Speichertechniken für inflexibel. Andere Ansätze wie die Kopplung großer Windfarmen an Batterien, Schwungräder und Superkondensatoren, die sich überall im Netz unterbringen ließen, seien womöglich interessanter. "Energie wird dann überall dort gespeichert, wo Elektrizität fließt – und viel Platz braucht man dafür nicht", meint Boyes. Bei der 175-Megawatt-Anlage von Ausra kann davon jedoch keine Rede sein – sie wird rund 2,6 Quadratkilometer einnehmen. (bsc)