Produktion nach Wunsch

Das neuseeländische Start-up Ponoko will mit "Rapid Manufacturing"-Technologien den Consumer-Markt aufrollen.

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Von
  • Michael Gibson

Mit benutzerfreundlichen Design-Vorlagen, "Rapid Manufacturing"-Technologien und einem Online-Marktplatz will das neuseeländische Start-up Ponoko das Ende der Massenproduktion einläuten. An deren Stelle soll die so genannte "Massenindividualisierung" treten – die Schaffung einzigartiger Produkte mit Hilfe nutzergenerierter Designs und Herstellungsprozessen.

Ein Besucher der Ponoko-Website kann entweder ein digitales Design eines Produktes hochladen oder die Pläne eines anderen Nutzers verwenden. Innerhalb von fünf bis zehn Tagen sind die Komponenten produziert und können zugestellt werden. Die Kunden können auch Objekte entwerfen, ohne sie zu bauen, das Design aber anderen Usern zur Nutzung überlassen: Es gibt einen "Showroom", in dem man einen Katalog durchstöbern kann, der Bilder und Preise von Designs und Produkten enthält, die von anderen Benutzern geschaffen wurden.

"Schon seit einigen Jahren werden die Kunden auch als Innovationsquelle begriffen", sagt Frank Piller, Professor für Business Management an der RWTH Aachen, der mit der "MIT Smart Customization Group" zusammenarbeitet, die ähnliche Ansätze verfolgt. Bis vor kurzem habe man zur Produktion aber immer einen Partner benötigt, der eine professionelle, maßgeschneiderte Herstellung garantiere. "Firmen wie Ponoko ändern das Spiel jetzt."

Allerdings hätten ähnliche Angebote bereits seit Jahrzehnten auch von kleinen Manufakturen bezogen werden können: "Aber dabei gab es immer die hohen Kosten für die Bestellung, das lange Aushandeln des Preises und die langwierige eigentliche Durchführung. Bei Ponoko ist das System wesentlich stabiler aufgebaut."

Bei den meisten Unternehmen ist Produktdesign und Entwicklung ein langer Prozess von Versuch und Irrtum – eingebunden sind unter anderem eigene Designer und entsprechende firmeninterne Ausschüsse. Zeitfenster und Kundenfeedback bestimmen mit. Wenn ein Produkt dann verkauft wird (oder auch nicht), nimmt es stets wertvollen Platz in Läden und Lagern ein.

Durch die Auslagerung der Produktentwicklung an den Nutzer und den Verkauf einzigartiger Produkte "on demand" versucht Ponoko diesen Problembereich zu eliminieren. Auf längere Sicht soll auch die zentrale Herstellung wegfallen – dann nämlich, wenn genügend Community-Mitglieder selbst zu digitalen Produzenten werden, mit 3D-Druckern, CNC-Geräten und Laser-Schneidemaschinen. Sitzt die Produktion dann möglichst nahe beim Käufer, reduziert sich auch die Notwendigkeit, die Einkäufe über weite Strecken zu transportieren.

"Genau wie Computer vom Großrechner zu verteilten Desktop-PCs wurden, sehen wir einen ähnlichen Trend bei der digitalen Herstellung – sie bewegt sich vom Firmengebäude auf den Schreibtisch", meint Derek Elley, Chef-Stratege bei Ponoko.

Aktuell ist Ponoko noch klein – eine Minifirma mit fünf Vollzeitangestellten und acht Teilzeitleuten, die an einem einzigen Standort im neuseeländischen Wellington operieren. Die meisten angebotenen Produkte sind einfache Einrichtungsgegenstände und, mit Verlaub, eher Spaßprodukte. Obwohl die Firma kurz vor Eröffnung eines zweiten Büros im amerikanischen San Francisco steht und derzeit dabei ist, eine digitale Produzentengemeinschaft in der ganzen Welt aufzuziehen, basiert die Produktion doch immer noch auf einer einzelnen Laser-Schneidemaschine, die alle einlaufenden Bestellungen bearbeiten muss.

"Als PCs in den Siebzigerjahren erstmals auf den Markt kamen, waren sie im Vergleich zur heutigen Technik ja auch Mist", sagt Elley. Die Leute, die von Anfang an in dieser Bewegung engagiert gewesen seien, hätten dennoch eine goldene Zukunft vorausgesehen. "Die haben einen Nischenmarkt befeuert, bis der Apple II dann 1977 herauskam. So ähnlich ist das heute mit unserer Technologie."

Um aus einer Idee ein Produkt zu machen, verwenden die Ponoko-Kunden eines von vier verschiedenen Programmen – Adobe Illustrator CS, Macromedia Freehand MX, CorelDraw X3 oder Inkscape. Damit entsteht das Design, das dann in einer ".eps"-Datei als Vorlage abgelegt wird – demnächst will Ponoko aber auch die Möglichkeit bieten, handgezeichnete Muster einzuscannen. Nach dem Upload wählt der Kunde das Ausgangsmaterial – aktuell werden Acryl, Styrol, Hartfaser, Sperrholz und einige andere angeboten. Dann lässt sich bei manchen Materialien auch die Farbe bestimmen.

Schließlich bekommt der Nutzer einen Kostenvoranschlag, der sich unter anderem am Schwierigkeitsgrad und an den Materialien orientiert. Wenn das alles okay ist, wird per Kreditkarte bezahlt und Ponoko bestellt das Ausgangsmaterial bei seinem Lieferanten. Letzteres geschieht immer "on demand", ein Lager gibt es nicht.

Ist das Ausgangsmaterial dann in der Firma, wird es in den Laser-Cutter gelegt, der aussieht wie ein großer Fotokopierer – verwendet wird ein Modell von Universal Laser Systems aus Arizona. Dann reichen ein Knopfdruck am Rechner und einer an der Schneidemaschine – schon wird das Design aus dem Rohmaterialblock ausgeschnitten.

Ponoko bietet seinen Kunden auch noch einige andere Dienste an. Beim Upload der Vorlage lässt sich auswählen, ob diese auch verkauft werden kann. Mit Hilfe einer Creative Commons-Lizenz kann man entsprechende Rechte vergeben – auch die Möglichkeit, die Vorlage als Ausgangsbasis für andere Ideen zu nutzen. Wer ein bereits bestelltes und empfangenes Produkt weiterverkaufen will, kann dies ebenfalls tun und einen Eintrag bei Ponoko erstellen.

Phillip Torrone, leitender Redakteur von "Make", einem Magazin, das dem Do-it-yourself-Geektum verschrieben ist, besitzt selbst einen Laser-Cutter und nutzt ihn, um beispielsweise Laptop-Hüllen zu verschönern. Als Ponoko dann bei der "TechCrunch40"-Konferenz vorgestellt wurde, entschied er sich, den Dienst zu testen – er gestaltete dazu einen iPhone-Ständer.

"Die Firma tat alles notwendige, um mir mein Produkt zu verschaffen", meint Torrone, "ihre Anleitungen sind gut, ihre Vorlagen enthielten gute Beispiele". Insgesamt habe die Ponoko tatsächlich "alles richtig" gemacht. Die Frage sei nun aber, ob es eine Nachfrage gäbe: "Wie viel Geld muss eine Firma wie diese einnehmen, um überlebensfähig zu sein?"

Elleys Antwort darauf: Auf längere Sicht sollen die Umsätze komplett aus digitalen Dienstleistungen kommen, nicht aus Herstellungsgebühren. Die Firma will sechs Einnahmeströme entwickeln – darunter Werbegelder und Gebühren, die beim Kauf von externen Designs anfallen. Aktuell ist die einzige Einnahmequelle aber genau die, die die Firma loswerden will: Der Verkauf von Herstellungszeit und Rohmaterialien. (bsc)