Breites Bündnis will Gigabit-Netze binnen zehn Jahren schaffen

Fünf Branchenverbände werben für möglichst flächendeckenden Glasfaserausbau bis hinein in Gebäude und Wohnungen im Verlauf der nächsten Dekade. Sie monieren Mangelverwaltung statt Zukunftsgestaltung und drängen auf einen Politikwechsel.

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Breites Bündnis will Gigabit-Netze binnen zehn Jahren schaffen
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Die Breitbandverbände Anga, Breko, Buglas und VATM sowie das Fibre to the Home Council Europe wollen den Weg in die vielbeschworene Gigabit-Gesellschaft gemeinsam ebnen. Sie haben dazu am Mittwoch in Berlin ein Strategiepapier präsentiert, um im Verlauf des nächsten Jahrzehnts Glasfaseranschlüsse bis in die Gebäude (FTTB) oder in die Wohnungen (FTTH) zu bringen. Als ergänzende Gigabit-Techniken sollen Kabelverbindungen auf Basis des Docsis-Standards und der fünften Mobilfunkgeneration (5G) dazukommen.

"Wir brauchen Ersatz für die bestehenden Kupfernetze", begründete Thorsten Klein vom VATM den Vorstoß. "Wir müssen Glasfaser bis zu den Endkunden bringen." Es zeichne sich ab, dass das von der Bundesregierung gesetzte Ziel, bis 2018 alle deutschen Haushalte mit Anschlüssen mit 50 MBit/s zu versorgen, zu kurz greife.

Gemeinsam für flächendeckende Gigabit-Anschllüsse innerhalb von zehn Jahren: Thosten Klein (VATM), Hartwig Tauber (FTTH Council Europe), Andrea Huber (Anga), Wolfang Heer (Buglas), Alfred Rauscher (Breko)

Für einen flächendeckenden Gigabit-Netzausbau sei weiter ein Technologie-Mix nötig, erläuterte Klein. An Stellen, an denen FTTH nicht zu leisten sei, müssten die Lücken mit dem Mobilfunk überbrückt werden. Generell werde aber die Anbindung an Glasfasernetze als Standortfaktor immer wichtiger. Um eine vollständige, rund 80 Milliarden Euro teure Abdeckung hinzubekommen, sei der nun begonnene Schulterschluss unabdinglich. Auch der "ehemalige Monopolist", die Deutsche Telekom, müsse ins Boot geholt werden, betonte der Vertreter des Wettbewerbsverbands. Zentrales Ziel sei ein "diskriminierungsfreier Zugang für alle Anbieter".

"Wir brauchen einen Politikwechsel", unterstrich Wolfgang Heer von der Glasfaserlobby Buglas einen weiteren Punkt des Papiers. Bisher sei die Breitbandpolitik von "Mangelverwaltung statt Zukunftsgestaltung" geprägt. Beim heftig umstrittenen Vectoring, dem von der Telekom derzeit hauptsächlich vorangetriebenen DSL-Beschleuniger, sei der "Aspekt des Zwischenschritts nicht aus den Augen zu verlieren". Man kann die Ausssage auch dahingehend interpretieren, dass die Verbände das VDSL-Vectoring lediglich für den Moment als ausreichend einschätzen und mahnen, auch den nächsten Schritt früh zu gehen. "Wir dürfen uns nicht mit Übergangslösungen zufriedengeben", ergänzte Andrea Huber von der Kabelvereinigung Anga in diesem Sinne.

Anwendungen für die Industrie 4.0 stellten maßgebliche Anforderungen an breitbandige Verbindungen, auch moderne Energienetze, E-Government, Telearbeit und Medienkonsum erhöhten die Nachfrage nach immer leistungsfähigeren Internetanschlüssen. Die Verbände machen sich konkret stark dafür, die Förderpolitik auf eine neue Grundlage zu stellen. So müssten "aktiv ausbauende Unternehmen gestärkt und nachhaltige Technologien" bevorzugt werden. Eine reine "Überbauung" bereits vorhandener Netzinfrastrukturen mit Hilfe öffentlicher Mittel müsse verhindert werden. Neben Projekten mit Fokus auf ländlichen Gebieten müssten auch städtische Glasfaserprojekte förderfähig sein, um den "unterversorgten Mittelstand" etwa in Gewerbegebieten anzubinden.

Sorgen bereitet den Verbänden, dass die Bundesregierung noch keine inhaltlichen Maßgaben zu dem geplanten Förderprogramm für den Netzausbau nennt. Es gebe keine konkreten Anhaltspunkte dafür, wie und wann die Gelder vergeben werden sollen, beklagte Stephan Albers vom Breko. Beim geplanten Förderprogramm geht es um einen Umfang von mehreren Milliarden Euro. Allein ein "Scoring-Modell" zur Projektförderung zeichne sich bislang ab. Verhindert werden müsse aber auf jeden Fall, dass die Bestimmungen so holzschnittartig konstruiert würden wie beim einschlägigen bayerischen Förderprogramm, das "zu 80 bis 90 Prozent in Richtung Telekom" weise. Klein beklagt eine "Verschleppung des Vorgangs" und meint: "Wir werden verschaukelt." (dz)