Sony, die Wissenschaft und der Roboterhund

Wenn echte Hunde auf den Roboter AIBO losgehen, ist das Schuld von Sony-Forschern in Paris - und sie haben noch mehr Ideen.

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Lesezeit: 6 Min.
Von
  • David Pescovitz
Inhaltsverzeichnis

Vergangenes Jahr kursierte im Internet ein Video, auf dem ein fröhlicher Schäferhund an einem leckeren Stück Fleisch schnupperte, während ihm dabei ein AIBO-Roboterhund von Sony neugierig zusah. Es war eine niedliche Szene - bis der echte Hund den künstlichen AIBO ohne Vorwarnung anfiel, weil der offenbar dann doch zu viel Interesse für das Steak gezeigt hatte.

Wer das Tier auf den Roboter gehetzt hat? Es waren Sony-Forscher - und zwar in Zusammenarbeit mit ungarischen Experten für das Verhalten von Tieren. Das "AIBO gegen Schäferhund"-Experiment ist nur einer von zahlreichen Versuchen, die in Sonys Computer Science Laboratory (CSL) in Paris durchgeführt werden. Dort forscht man zwar kommerziell, doch Forschung und Entwicklung gehen nicht immer Hand in Hand.

"Es ist ein wissenschaftliches Labor, aber nicht alle unsere Innovationen basieren auf Wissenschaft. Und nicht jede wissenschaftliche Arbeit führt zu Innovationen", sagt Luc Steels, Direktor des Labors.

Das Pariser CSL wurde 1996 gegründet und ist Sonys einziges computerwissenschaftliches Labor außerhalb Tokios. Es ist ein kleines Team, dem sechs Forscher angehören, die in einem klassischen Pariser Mietshaus im Quartier Latin arbeiten - ganz in der Nähe der Sorbonne und der Ecole Normale Superieure. Sony CSL Paris wirkt nicht wie der Forschungsarm eines milliardenschweren Unterhaltungskonzerns, sondern eher wie ein kleines Institut für Ingenieurwissenschaften.

Das ist kein Zufall. Das Labor nutzt nicht nur Doktoranden als Forschungsassistenten, sondern legt auch großen Wert auf das akademische Credo "Publish or Perish". "Die Leute, die hier arbeiten, haben einen akademischen Ruf", sagt Steels, "unserer Forscher stellen ihre Arbeit auf Workshops vor und publizieren in wissenschaftlichen Zeitschriften. Sie spielen das akademische Spiel, wollen Anerkennung und Respekt ihrer Kollegen."

Wenn das stimmt, dann hat Sony mit Steels einen akademischen Top-Spieler zum Coach gemacht. Der Forscher führte in den Achtzigern und Neunzigern das Labor für Künstliche Intelligenz der Uni Brüssel und führte bahnbrechende Experimente auf diesem Gebiet durch. Er zeigte beispielsweise, wie Roboter ihre eigene Sprache entwickeln können, indem sie ihre Beobachtungen über ihre Umgebung miteinander austauschten. Aus der Arbeit entstand schließlich eine Technologie für die emotionale Sprachausgabe, die in Sonys neuem humanoiden Roboter QRIO verwendet wird.

Sony will Unterhaltungsroboter in möglichst viele Haushalte bringen - kein Wunder also, dass das Unternehmen derlei Experimente in diesem Bereich fördert. Und Sony wäre kein echter Medienkonzern, wenn seine Forscher nicht auch an neuartigen Suchmaschinen für digitale Musikbibliotheken arbeiten würden. Eines der Projekte von Sony CSL Paris in diesem Bereich findet großes Interesse im Tokioter Hauptquartier.