Augmented Reality im Weltraum

Beim letzten gescheiterten Versorgungsflug zur ISS war auch die Holografie-Technik HoloLens von Microsoft an Bord. Denn die Nasa möchte sie nutzen, um die Arbeit ihrer Astronauten zu unterstützen und effizienter zu machen.

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Von
  • Rachel Metz

Beim letzten gescheiterten Versorgungsflug zur ISS war auch die Holografie-Technik HoloLens von Microsoft an Bord. Denn die Nasa möchte sie nutzen, um die Arbeit ihrer Astronauten zu unterstützen und effizienter zu machen.

Als in diesem Juni die SpaceX-Rakete auf ihrem Weg zur Internationalen Raumstation ISS explodierte, war das für Jeff Norris wie "ein Schlag in den Magen". Denn Norris ist der Projektmanager für die beiden HoloLens-Projekte, an denen die Nasa in ihrem Jet Propulsion Laboratory im kalifornischen Pasadena arbeitet. Und unter anderem hatte die SpaceX-Rakete zwei HoloLens-Headsets an Bord, also die elektronischen Geräte, mit denen Microsoft bald Augmented-Reality-Erfahrungen möglich machen möchte.

Innerhalb von wenigen Wochen, so berichtet Norris, haben er, sein Nasa-Team und die Betreuer bei Microsoft dann neue HoloLens-Hardware besorgt, die jetzt für den Flug ins All zertifiziert wird. Der nächste Versuch ist für den 3. Dezember geplant, im Rahmen eines kommerziellen Starts des Raumfahrtunternehmens Orbital, das damit Nachschub zur ISS bringen soll.

Hier auf der Erde dürften Augmented-Reality-Geräte irgendwann genutzt werden, um beispielsweise Spiele zu spielen, bei denen digitale 3D-Kreaturen in einer realen Umgebung erscheinen, oder um mit Freunden irgendwo auf der Welt so zu sprechen, als säßen sie auf der Couch im eigenen Wohnzimmer. Doch auch für das All sieht die Nasa einige praktische – und möglicherweise zeitsparende – Anwendungsmöglichkeiten für die Technologie.

Mit HoloLens-Technik auf der ISS, so hofft die Nasa, könnten die Astronauten mit einem Experten auf der Erde zusammenarbeiten, der das Gleiche sieht wie sie und so bei ungewohnten Aufgaben Unterstützung leisten kann. Außerdem ließe sich das Headset als virtuell erweiterte Bedienungsanleitung nutzen: Beispielsweise könnten 3D-Bilder den Astronauten zeigen, wo genau sie eine bestimmte Komponente unterbringen oder welchen Griff sie bewegen müssen. Laut dem Microsoft-CEO Satya Nadella soll HoloLens im kommenden Jahr für Entwickler zugänglich gemacht werden, der Zeitpunkt für den endgültigen Marktstart ist noch offen.

Norris ist zugleich Leiter des Ops Lab am JPL. Nach seinen Worten arbeitet die Nasa auch an anderen Anwendungen für HoloLens, beispielsweise, um Augemented Reality auch für das Inventarmanagement zu nutzen. Offenbar ist es sehr schwierig, den Verwahrungsort aller Gegenstände auf der Raumstation nachzuverfolgen, obwohl sie mit Strichcodes ausgestattet und in einer Datenbank registriert sind. Eine Prototypen-App der Nasa kann deshalb Objekte erkennen und einem Astronauten mit HoloLens-Headset den Weg zu ihnen weisen, erklärt Norris.

Um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie sich die Technologie auf der ISS einsetzen lässt, hat die Nasa Ende Juli und Anfang August bereits Experimente mit HoloLens in der Unterwasser-Forschungsstation Aquarius vor der Küste von Florida vorgenommen. Unter anderem mussten Astronauten damit Notfall-Atemgeräte überprüfen, indem sie eine Reihe von Schritten – vom Verstellen von Ventilen bis zum Finden und Einsetzen von Teilen – durchliefen. Und sie richteten die Technik zur Steuerung eines Unterwasser-Roboters ein.

In beiden Fällen wurden sie dabei von einem Experten unterstützt, der sich in einem Kontrollzentrum an Land befand und dabei eine Skype-Version nutzte, die Microsoft für HoloLens entwickelt hat. Eine nach vorn gerichtete Kamera am HoloLens-Headset der Astronauten sorgte dabei dafür, dass der Experte das Gleiche sah wie sie. Wenn nötig, konnte er Bilder in die Luft zeichnen, die in den Headsets der Astronauten zu sehen waren (so wie die ganze Zeit über ein in der Luft schwebendes Video des Experten). Wie Norris sagt, hätte das Ausführen der Aufgaben "viele Male länger gedauert", wenn die Astronauten dabei nur schriftlichen Anweisungen hätten folgen können.

Insgesamt hält Norris solche Augmented-Reality-Anwendungen für hilfreich. Ihre Entwicklung könne allerdings "eine enorme Herausforderung" sein. So müsse man erst herausfinden, wie die Bedienoberfläche dafür aussehen kann und wie der Nutzer mit Programmen interagieren soll, die nicht auf einem Laptop- oder Smartphone-Bildschirm zu sehen sind: "Die Regeln sind ganz anders, wenn man alle möglichen Informationen um eine Person herum erscheinen lässt."

(sma)