Ausprobiert: Mit VR-Brille auf dem Kopf Achterbahn fahren

Mit VR-Brille virtuell Achterbahn fahren? Macht Spaß, kann aber auf den Magen schlagen. Bekömmlicher - und auf den ersten Blick ziemlich seltsam: Mit VR-Brille auf dem Kopf echte Achterbahnen fahren. Das geht ab sofort im Europapark Rust. Wir haben's ausprobiert.

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Ausprobiert: Mit VR-Brille auf dem Kopf Achterbahn fahren

(Bild: Europa-Park)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Jan-Keno Janssen

Seit dem gestrigen Donnerstag kann man im Europa-Park Rust mit Virtual-Reality-Brille auf dem Kopf Achterbahn fahren. Was im ersten Moment grotesk klingt, funktioniert bei genauerem Hinsehen ganz fantastisch: Im "Alpenexpress VR-Ride" erlebt man nämlich Dinge, die in der Realität unmöglich wären. Zum Beispiel auf einem Drachen zu reiten – und zwar so, dass sich das Ganze wirklich echt anfühlt, inklusive Fahrtwind und Beschleunigungskräften.

Auch aus wirtschaftlicher Sicht ist die Idee reizvoll: Freizeitparks können mit VR-Unterstützung ihre in die Jahre gekommenen Achterbahnen wieder aufregend machen. Die erste für VR-Inhalte ausgerüstete Bahn ist dann auch der vor 31 Jahren eröffnete Alpenexpress Enzian, der damals noch "Grottenblitz" hieß – die älteste Achterbahn im Europa-Park. Die Park-Betreiber betonen freilich, dass es sich hier nicht um eine olle Kamelle handelt, sondern um einen "Klassiker", der immer noch tausende Besucher begeistert. Klar ist aber auch: Mit aktuellen Europa-Park-Achterbahnattraktionen wie Blue Fire und Silver Star kann der Alpenexpress zumindest in Sachen Adrenalinausstoß nicht mithalten, auch wenn die Bahn durchaus Charme versprüht: Die Fahrt findet jeweils zur Hälfte drinnen und draußen statt – innen brettern die Passagiere durch eine Edelsteinmine, in der es überall glitzert und funkelt.

Weltpremiere: Alpenexpress VR-Ride im Europa-Park Rust (6 Bilder)

In den Startlöchern: Das sieht man mit aufgesetzter VR-Brille, wenn die Achterbahnfahrt noch nicht gestartet ist.
(Bild: Europa-Park / VR Coaster)

Fährt man den Alpenexpress mit aufgesetzter VR-Brille, bekommt man von der liebevollen Innenausstattung nichts mit. Dafür erlebt man zuerst eine ziemlich abenteuerliche Lorenfahrt durch ein Bergwerk – und reitet anschließend auf einem rosa Drachen; alles aus der Perspektive des Europa-Park-Maskottchens Ed Euromaus. Das Ganze würde auch schon ohne echte Achterbahn großen Spaß machen; mit Achterbahn war es so beeindruckend, dass wir statt zweimal am liebsten fünfmal hintereinander gefahren wären.

Die im Comicstil gehaltene 3D-Grafik sieht toll aus, vor allem, wenn man bedenkt, dass sie in Echtzeit auf einem Smartphone berechnet wird. Der VR-Alpenexpress nutzt das kabellose Gear-VR-System von Samsung, das ausschließlich mit den Smartphones Galaxy Note 4 und S6 (Edge) funktioniert. Die aktuelle Alpenexpress-VR-Software wurde noch auf das ältere Note 4 optimiert. Der Erfinder und Mit-Realisator des Projekts Thomas Wagner betonte aber gegenüber c't, dass man bereits eine S6-Version in petto hat – mit schärferen Texturen und mehr Polygonen. Doch schon jetzt sieht die Achterbahn-App hübscher aus als die meisten anderen zurzeit erhältlichen Gear-VR-Apps.

Die Synchronisierung der Eindrücke in der virtuellen und in der echten Welt gelang bei unseren Testfahrten einwandfrei. Die genaue Synchronisation sei elementar wichtig: Wagner und sein Team haben festgestellt, dass schon ein bis zwei Meter Versatz zwischen virtueller und echter Welt zu Übelkeit führen können. Deshalb sei das Positionstracking im VR-Alpenexpress auch besonders genau. Eine in dem Achterbahn-Zug eingebaute Sensorbox zählt die Löcher im Rad und funkt 30 mal in der Sekunde über Bluetooth die Position des Zugs an die Brillen. Der Alpenexpress fährt zwar mit lediglich 45 km/h, das Sensorprinzip soll aber auch mit bis zu 200 km/h schnellen Achterbahnen funktionieren. Die Daten zur Beschaffenheit der Bahn kommen – in Form von CAD-Dateien – vom Achterbahn-Hersteller Mack Rides.

Bei der ersten öffentlichen Vorführung am gestrigen Donnerstag stockte das Bild bei der ersten unserer beiden Testfahrten am Anfang kurz. Laut Wagner lag das an durch den strömenden Regen durchdrehenden Rädern; man arbeite aber bereits an einem Fix.

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Die Alpenexpress-Achterbahn kann zurzeit in den vorderen fünf von insgesamt zehn Sitzreihen des Zugs VR-Brillen synchronisieren – die eine Hälfte der Fahrgäste erlebt also die pure Achterbahn, die andere Hälfte die VR-Variante. Insgesamt stehen 40 Gear-VR-Headsets zur Verfügung, die übrigens allesamt modifiziert wurden: Das auf dem Gesicht aufliegende Schaumstoffpolster ist durch Kunstleder ersetzt worden; das kann man besser desinfizieren.

Bis zum 17. Oktober ist die VR-Fahrt mit dem Alpenexpress gratis; allerdings dürfen sich im ersten Monat nur Europa-Park-Hotelgäste und Inhaber einer registrierten "Emotions"-Gutscheinkarte anmelden. Ab dem 17. Oktober können alle Besucher mitfahren, das Ausleihen der VR-Brille kostet dann jedoch vier Euro.

Wer eine VR-Brille besitzt sollte sich übrigens keine Hoffnung auf eine Veröffentlichung der Alpenexpress-Software machen: Laut der Entwickler wird den meisten Menschen sofort übel, wenn sie die virtuelle Lorenbahn ohne echte Achterbahn unterm Hintern ausprobieren. (jkj)