EU-Datenschützer lehnt geplante Fluggastdaten-Auswertung ab

Der EU-Datenschutzbeauftragte Giovanni Buttarelli hält die Gesetzesinitiative für rechtswidrig, wonach künftig in der EU Flugpassagierdaten gesammelt und analysiert werden sollen. Über 300 Millionen Unverdächtige könnten betroffen sein.

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Giovanni Buttarelli

Giovanni Buttarelli

(Bild: secure.edps.europa.eu)

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Kaum ein gutes Haar lässt der EU-Datenschutzbeauftragte Giovanni Buttarelli an dem Gesetzentwurf, laut dem Sicherheitsbehörden bald auch in Europa nach US-Vorbild Fluggastdaten sammeln, auf Vorrat speichern und auswerten können sollen. Es gebe nach wie vor keinen Nachweis dafür, dass es notwendig sei, "massive Mengen persönlicher Informationen über Millionen Reisende" anzuhäufen, schreibt der Italiener in einer am Freitag veröffentlichten Stellungnahme.

Erfasst und fünf Jahre gespeichert werden sollen laut den Innenpolitikern des EU-Parlaments rund 60 Kategorien der Passenger Name Records (PNR), zu denen neben Name, E-Mail-Adresse, Telefon-, Konten- und Kreditkartennummern auch Essenswünsche gehören. Zugang zu den Daten wollen die Abgeordneten Sicherheitsbehörden bei Terrorismus und anderen "schweren transnationalen Straftaten" geben.

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Derlei Definitionen seien viel zu vage, moniert Buttarelli. Zudem bräuchten Ermittler nicht einmal eine Richtergenehmigung, um auf PNR zuzugreifen. Die Speicherdauer sei zu lang, das Datenset zu umfangreich. Insgesamt sei das Vorhaben so nicht mit der Europäischen Grundrechtecharta vereinbar, da davon voraussichtlich über 300 Millionen unverdächtige Flugpassagiere betroffen sein könnten.

Der Datenschützer erinnert dabei auch an das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten, wonach es unzulässig sei, Daten über die Bevölkerung generell und unterschiedslos zu sammeln. Der EuGH hat hingegen bestehende PNR-Abkommen noch nicht bewertet.

Buttarelli rät den Abgeordneten, die derzeit mit Vertretern der Mitgliedsstaaten und der EU-Kommission über die Details des Gesetzentwurfs verhandeln, auszuloten, ob neue Strafverfolgungsansätze und weniger grundrechtsgefährdender Vorgehensweisen mit gezielten Kategorien von Flügen, Passagieren und Ländern effizienter wären. Auf jeden Fall sollte der Gesetzgeber den Ausgang der Gespräche über die EU-Datenschutzreform abwarten, um einen möglichen PNR-Vorstoß mit dieser in Einklang zu bringen. Buttarellis Vorgänger Peter Hustinx hatte 2011 den damaligen Entwurf der Kommission für ein europäisches PNR-System ebenfalls scharf kritisiert. (anw)